Finanzielle Verantwortung 
und zukunftsweisende Politik

Bevor dies Mode wurden, mahnte die BUG finanzielle Zurückhaltung an, ohne sich aus zukunftsweisender ökologischer Politik verabschieden.

Wir dokumentieren die Haushaltsrede des BUG-Mitglieds Horst Gunkel zum Kreishaushalt im Kreistag des Main-Kinzig-Kreises 1989.

Die Rede stand auch im Zeichen neuer Herausforderungen durch die gleichzeitg stattfindende Wende in der DDR.



Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die GRÜNEN in diesem Kreis waren in der Vorbereitung der Haushaltsverabschiedung von drei Gedanken geleitet:

Alle diese drei Punkte haben für uns ein gleich hohen Stellenwert, lassen Sie mich dies kurz erläutern.

1. finanzielle Verantwortung

Die finanziellen Mittel, die hier eingesetzt werden, sind die Mittel der SteuerzahlerInnnen.

deshalb haben wir eine besondere Verantung den SteuerzahlerInnen gegenüber.

Und es ist uns auch sehr wohl bewußt, daß jede weitere Mark Nettoneuverschuldung, die vom Kreis und damit von den SteuerzahlerInnen aufzubringenden Zinsen erhöht. Verschuldung bedeutet immer über den Zins eine Umverteilung zu Lasten derer, die eh' so wenig haben, daß sie sichs's borgen müssen und zugunsten derer, die mehr haben als sie benötigen.

Daher bemühen wir GRÜNEN uns, die Verschuldung des Kreises in möglichst engen Grenzen zu halten.

Darum aber auch sind wir so wütend, wenn Bund und Land den Kreisen und Kommunen immer neue Lasten aufbürden, ohne ihnen die Chance zu entsprechenden Einnahmen zu geben.

Daher auch versuchen wir die Verschuldung des Kreises dadurch abzumindern, daß wir die Kreisumlage auf 40 Punkte erhöhen.

Dies ist leider die einzige fiskalpolitische Maßnahme, die der Kreis hat. Aber wir bemühen uns auch die Ausgaben einzuschränken, wie ich noch ausführen werde.

2. Absicherung dessen, was rot-grün erreicht hat

Ist die öko-soziale Koalition im Kreis auch noch jung, so betreiben doch GRÜNE und Sozis schon seit nunmehr vier Jahren gemeinsam eine Haushaltspolitik, die sich sehen lassen kann.

Dies ist mitunter mit finanziellen Einbußen verbunden. So kostet uns die Gleichstellung der AltenplegeschülerInnen in Rodenbach Geld. So zahlt der Main-Kinzig-Kreis für die Reinigung der kreiseigenen Gebäude mehr als er dies zu CDU-Zeiten tat. Aber mit einem Unterschied: während damals mit den dort tätigen Frauen Verträge über Arbeitsleistungen unterhalb der 450-Mark-Grenze abgeschlossen wurden, sodaß diese keinerlei Sozialversicherung hatten, hat dies grün-rot geändert.

Die soziale Sicherheit der dort beschäftigten Frauen war uns das wert, sie ist uns das wert und wir werden diese soziale Maßnahme auch in Zukunft so weiterführen.

So hat der Kreis unter grün-roter Führung damit Schluß gemacht, daß die Gemeinden in punkto Konzessionsabgabe unterschiedlich behandelt wurden. Die Gleichbehandlung, die wir hier mit unseren sozialdemokratischen PartnerInnen durchgeführt haben, kostet natürlich Geld. Indem dieses Geld über die erhöhte Kreisumlage wieder hereinkommt, ist endlich die Gerechtigkeit zwischen den Gemeinden dieses Kreises hergestellt, die die CDU dem Gemeinden fast anderthalb Jahrzehnte vorenthielt.

3. der Ausbau ökologischer Projekte

An ganz zentraler Stelle grüner Umweltpolitik ist der Bereich der Abfallwirtschaft zu nennen.

Die Abfallpolitik jeder verantwortlichen PolitikerIn heißt

Im Punkt Müllvermeidung haben die Kreise ganz schlechte Karten, hier ist neben der Industrie, bei der Ansätze in einigen Bereich geradezu krimineller Sorglosigkeit in anderen Bereichen gegenübersteht, vor allem der Bundesgesetzgeber gefragt, natürlich können hier in gewissem Umfang auch die VerbraucherInnen Einfluß nehmen.

Der einzige Punkt jedoch, an dem der Kreis hier hätte handeln können, der Initiative für eine Verpackungssteuer, wurde nicht geschafft, da die GRÜNEN hier die einzigen in diesem Kreis waren, die sich bereit fanden, diese Auseinandersetzung mit dem Land Hessen zu wagen.

Im Bereich der Verwertung haben wir zusammen mit unseren sozialdemokratischen PartnerInnen mit der Umsetzung begonnen, das Recycling-Center in Heldenbergen wird derzeit errichtet. Verwertung darf sich aber nicht nur auf Glas und Papier beziehen, auch im Bereich Kompostierung sowie bei der Wiederverwertung von Metallen und Kunststoffen müssen weitere ebenso wichtige Schritte hin zu einer ökologischen Kreislaufwirtschaft folgen.

Im Bereich der Restmülldeponierung sind wir einen entscheidenden Schritt weitergekommen: durch die Kommunalwahl haben die Anhänger der Müllverbrennung, des Müllzwischenlagers Luft und des Müllendlagers Mensch eine entscheidende Niederlage hinnehmen müssen. Die WählerInnen wußten sehr genau:

 die Müllkippe der 60er Jahre ist tot, die Müllverbrennung ist tödlich

die WählerInnen haben durch ihre Wahl grünes Licht - im doppelten Wortsinn: grünes Licht - für die moderne Hochtechnologie-Deponie gegeben.

Und während wir noch vor einem Jahr nur eine potentielle Deponie hatten, die nach meinem Dafürhalten denkbar ungeeignete Fläche in der Streit, haben wir jetzt begonnen, eine ganze Reihe von Flächen auf der Basis des IFEU-Gutachtens zu untersuchen. Diese Untersuchungen werden im nächsten Jahr abgeschlossen, die Mittel hierfür sind im vorliegenden Haushalt eingestellt.

Wir sind sicher, daß aufgrund der gründlichen Untersuchungen und der vergleichenden UVP eine erfolgreiche Verhinderung der Restmülldponie ausgeschlossen ist und daß die geophysikalischen und hydrogeologischen Grundlagen gegeben sind im Zusammenwirken mit der Deponietechnik und der Eingangskontrolle sicherzustellen, daß keine vermeidbare Gefährdung von dieser Restmülldeponie ausgehen wird. Dies ist eine Verantwortung, deren wir uns allen Unkenrufern zum Trotz - auch den in den eigenen Reihen - stellen, weil wir wissen, daß dieser Kreis, daß die BürgerInnen und ihre Kinder und Kindeskinder, diese Sicherheit brauchen.

Im Friedensbereich hat dieser Kreis sich intensiv engagiert, seitdem es eine grün-rote Mehrheit gibt. Eine Reihe erfolgreicher Projekte standen im Mittelpunkt unserer Arbeit, von Mitteleuropa bis Mittelamerika. Diese Arbeit geht weiter, sie unterstützt dabei insbesondere die Reformprozesse in Mittel- und Osteuropa, aber sie wird sich im nächsten Jahr auch ganz konkret im MKK zeigen, dafür haben wir das Sachgebiet für militärökologische Lastenminderung geschaffen, das spätestens am 1. April seine Arbeit aufnehmen wird.

Im Energiebereich geht die begonnene Arbeit weiter. Das erste BHKW, von R 9 initiiert und von der KWG umgesetzt, wird im Februar den Betrieb aufnehmen, zwei weitere Maßnahmen, in Ronneburg und Schlüchtern sind in der konkreten Planung, fünf weitere Maßnahmen werden derzeit untersucht. Die Kosteneinsparung bei den kreiseigenen Gebäuden wird im nächsten Jahr erste Früchte zeigen, wenn die Ergebnisse des Jahres 1989 vorliegen.

Entscheidende Kostenminderungen bringen Einzelraumsteuerungen gerade dort, wo einige wenige Räume intensiver, z. B. für vhs-Kurse genutzt werden andere bisher mitgeheizt werden müssen, dafür werden wir durch einen Haushaltsantrag im nächsten Jahr zusätzlich 100.000.- DM zur Verfügung stellen.

Um die Effektivität einer Gesamtsanierungsmaßnahme nachzuweisen, werden wir in der Heinrich-Böll-Schule in Bruchköbel durch einen Haushaltsantrag zusätzlich 400.000.- DM einstellen. Die begonnene Maßnahme kann dann abgeschlossen werden.

Im Frauenbereich werden wir die Mittel für Mädchen- und Frauenprojekte verdoppeln, weil sich gerade im Bereich der sexuell mißbrauchten Mädchen Projekte anbieten, endlich diese Mädchen und jungen Frauen nicht mehr mit ihren Problemen alleinzulassen.

Im Verkehrsbereich kommt es darauf an, das vorliegende PGN-Gutachen schrittweise umzusetzen.

Hier stellen sich uns folgende Aufgaben:
- Gespräche mit Bahn
- inhaltliche Koordination statt Politpoker vgl Kleinbahn
- Kontaktierung und Überzeugung der Kommunen
- Kontaktierung und Überzeugung der Verkehrsträger
- Harmonisierung zwischen Verkehrsträgern
- einheitliche Fahrkarte
- einheitliches Erscheinungsbild
- Vorrang für den ÖPNV
- Aufbau eines Verkehrsverbundes
- regionales Gegengewicht zur isolierten DB-Planung
- Vertaktung
- ÖPNV-Karte für Handtasche
- Umweltabo

Demgegenüber sind wir weiterhin - wie auch in den vergangenen Jahren - sehr kritisch mit den geplanten  Straßenbaumaßnahmen umgegangen. So haben wir aus dem Haushaltsentwurf herausgestrichen

- die grundhafte Erneuerung zwischen Gettenbach und der B 457
- der Ausbau der 894 zwischen LI-Altenhaßlau und LI-Eidengesäß
- den Neubau einer Brücke in Aufenau im Verlauf der K 886.

(...)

Und da stellt sich die Frage, wie lange wir diese Widersprüche noch erdulden wollen, wir alle, nicht nur die Parlamentarier, wir alle, das Volk.

So wie unsere tapferen und gewaltfreien Brüder und Schwestern im gegenwärtig mutigeren Teil unseres Mutterlands auf die Straße gegangen sind, als ihnen die Widersprüche im eigenen Staat zu verhement wurden, so hoffen auch wir auf den Tag, da die BürgerInnen nicht mehr bereit sind vor Kohl zu buckeln wie vor Honecker, vor Riesenhuber zu kuschen wie vor Schalck-Golodkowski und wo unsere Leute mit dem RP Link so umgehen wie andere mit Herrn Krenz.

Der Erfolg unserer Schwestern im Osten gibt uns Mut: eines sehr nahen Tages werden auch wir in Bonn stehen, in Wiesbaden und in Darmstadt und endlich, endlich finanzielle und ökologische Vernunft fordern, gegenüber den CDU-Politbürokraten in Darmstadt und wir werden ihnen den Ruf entgegenschleudern: "Wir sind das Volk". So werden wir skandieren, bis ökologische und finanzielle Vernunft Platz gegriffen hat:

"Wir sind das Volk!"
Nachtrag:
Nur 18 Monate später hat die SPD die Koalition mit den Main-Kinzig-Grünen aufgekündigt und macht seitdem reine CDU-Politik in einer Großen Koalition.

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