Radi-Aktiv 4/1985


Vorsicht, Betriebsgeheimnisse!

 Ein Atomarbeiter packt aus

(Brief an die Redaktion)

Zum Überwachungsstaatlichen Teil:

Bei der Einstellung von Ganz- oder Zeitmitarbeitern bei Nukem und Alkem findet eine Sicherheitsüberprüfung statt.

Verschiedene Mitarbeiter haben behauptet, während dieses Zeitraumes sei in ihre Wohnung eingedrungen worden (Sachen waren nicht an derselben Stelle, abgeschlossene Türen waren nicht mehr abgeschlossen, etc.)

Telefongespräche von Nukem-Mitarbeitern nach draußen (während der Arbeitszeit) werden zumindest zeitweilig mitgehört, z.B. durch andere Mitarbeiter, Vorgesetzte oder dritte Stellen. Das wird von verschiedenen Stellen zweifelsfrei berichtet. Die Mitarbeiter haben sich auch darauf eingestellt und achten sehr auf das, was sie mit Familie oder Freunden am Telefon besprechen.

Sicherheitsrelevantes

Ich nehme an, daß ihr über den Produktionsprozeß bei der Alkem prinzipiell informiert seid.

Jedenfalls wird dort in sogenannten Caissons gearbeitet. Das sind Produktionsräume, die gegenüber der Halle Unterdruck aufweisen, wie auch die Halle gegenüber der Umgebung - damit soll sichergestellt werden, daß nichts entweicht.

In dieses Caissons geht keiner der Mitarbeiter bei der Alkem gerne hinein, da dortdas Kontamina- tionsrisiko sehr groß ist. Kontamination kommt täglich vor.

Die Anlagen bei der Alkem sind ja schon sehr alt, so daß es immer mal wieder vorkommt, daß Leitungen platzen, Ventile undicht werden etc.. Manchmal wird mehrmals täglich Kontaminationsalarm ausgelöst, so oft, daß das schon gar nicht mehr ernst genommen wird.

In diesen Caissons darf nun eine Höchstradioaktivität nicht überschritten werden. Das wird kontrolliert. Aber wie! Genau wie in anderen Lagerräumen, wo das auch der Fall ist: Radioaktives Material wird in die eine Ecke geschafft, dann in der anderen Ecke gemessen. Dann wird umgeräumt; das Zeug in die vorher gemessene Ecke und dann in der anderen Ecke messen. So geht das reihum, bis dann aus den Messungen ein Mittelwert gebildet wird, der das ganze dort befindliche Material ignoriert und natürlaich unterhalb der Toleranzen liegt. Um das radioaktive Material wird sozusagen herumgemessen. Das ist Routine und verstößt gegen alle Vorschriften.

Ein Beispiel, wie mit der Sicherheit um-gegangen wird: Ein Teil des Fußbodens in der Halle ist einmal durch auslaufende Brühe kontaminiert worden. Er sollte herausgerissen werden. Der mit dem Herausreißen des kontaminierten Teils des Fußbodens beauftragten Firma wurde aber nicht mitgeteilt, um was es ging. Ergebnis: Die Arbeiter der Firma machten sich ungeschützt - mit bloßen Händen - an die Arbeit. Erst als sie durch die Schleuse (dort erfolgen Kontrollmessungen, d.Red.) wieder rauswollten, merkte man, daß sie total kontaminisert waren. Das ist kein Einzelfall.

Überhaupt: Was geschieht mit kontaminierten Mitarbeitern? Sie werden von der Firmenleitung darauf eingeschworen (und dafür mit Zulagen bezahlt), daß sie noch nicht einmal ihren Familien davon erzählen. Da aber die notwendigen medizinischen Untersuchungen mit Zeitaufwand verbunden sind, müssen sie erzählen, sie machten Wochenendarbeit oder gingen auf Lehrgang, während sie aus dem Verkehr gezogen sind.

Wieder zurück zu radioaktivem Material: Die Alkem platzt aus den Nähten. Es ist viel mehr da, als gesetzlich erlaubt und vorgesehen. Die wissen gar nicht mehr, wohin mit dem ganzen Mist.

Folgende Abhilfen wurden geschaffen:

Das Zeug wird in Räumen gelagert, wo es gar nicht sein dürfte. Da wird dann, um es zu verschleiern, ,drumrumgemessen'.

Das vorgesehene Zwischenlager ist zum Platzen gefüllt und faktisch ein Endlager. Um den Vorschriften Genüge zu tun, werden ab und zu die Beschriftungen und Auszeichnungen des dort Gelagerten geändert, Ein- und Ausgänge fingiert. Der gelagerte Bestand aber ist im großen und ganzen immer derselbe.

Um aus der Produktion stammende Schwach- und mittelaktive Abfälle unterzubringen, wurde kurzerhand der Firmen-parkplatz geräumt und der Mist dort abgelagert! Ein Zwischenlager in Hanau usw.

Plutonium. Aus der Alkem Plutonium zu entweden, ist nicht so schwer, wie die Leute einen glauben machen wollen. Zwar sind die Schleusen da, aber wer an das Zeug ran will, der muß nicht unbedingt an den Schleusen vorbei! Fragt mal die Arbeiter dort, die wissen, wie das gehen könnte (bei Kontaminationsalarm). Straffreiheit zugesichert, wäre ich jederzeit bereit, das zu demonstrieren.

Ich könnte noch eine Weile zu weitermachen.......

Aber: Verfassungsschutz, MAD und wer-weiß-ich-noch-alles fahren total auf Versuche ab, solche Sachen nach draußen zu bringen. Deshalb habe ich die Sachen alle etwas verschwommen gehalten, damit sie die Informationen nicht so gut festnageln können, und deshalb will ich auch dabei nicht in Erscheinung treten.

Ich weiß auch noch andere Sachen, die bei Alkem und Nukem abgehen, z.B. wie Gutachten und Grenzwerte so lange gepfriemelt werden, bis die Dinge in den zulässigen Bereichen liegen. Aber ich fürchte man kann dort leichter feststellen, von wem ganz konkret etwaige Informationen stammen.

Macht bitte eine Fotokopie für Euch und schmeißt die Originale weg, auch den Umschlag.



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