Was diese Person in der Welt nun im einzelnen
tut, wird in drei Ringen um die Radnabe herum dargestellt. Der innere Ring
steht ganz stark in der buddhistischen Tradition, er stellt gewis-sermaßen
die Grundlage, das Fundament, die Basis dar, auf der sich jedes weitere
Engage-ment aufbaut. Dieser innere Ring, der zweite Pfad des zehnfachen
Pfades des Engagierten Buddhismus ist die Achtsamkeit oder genauer ein
besonderer Aspekt spezieller Achtsamkeit: die Entfaltung der Achtsamkeit
im täglichen Leben. Dargestellt wird dies durch eine Hand, die ein
Glas Wasser trägt, einem alltäglichen Vorgang also, auf den wir
unsere Achtsamkeit richten können, ja richten sollen - ebenso wie
auf die anderen Tätigkeiten im täglichen Leben (Abbildung S.
29).
Im mittleren Ring finden wir die Felder
der Praxis. Oben rechts sehen wir eine große Hand, die sich in helfender
Partnerschaft um eine kleine schließt: eine erwachsene Person die
Verantwortung für einen kleinen Menschen trägt. Es handelt sich
um die Annahme des Übungsfeldes Familie (vgl. nebenstehende Abbildung).
Dies scheint zunächst unge-wöhnlich, denn Sakyamuni selbst, der
spätere Buddha, verließ seine Familie, um den Weg zur Überwindung
allen Leides zu finden. Aber gerade hierin zeigt es sich, dass das Verlassen
des Hauses und der Familie nicht mehr nötig ist. Der Weg ist gefunden
und vom Buddha dargetan. Den Achtfältigen Pfad des Buddha aber kann
man auch als Mitglied einer Familie gehen. Daher empfiehlt der Autor die
Annahme des Übungsfeldes Familie als Praxis. Dem traditionell eher
monastischen Ansatz des Buddhismus wird also ein bewusst anderes Verständnis
gegenüber gestellt.
Unten rechts findet sich ein ganz ähnliches Bild, wieder sind es zwei Hände, die einander partnerschaftlich ergreifen, aber diesmal die zweier Erwachsener (vgl. Abbildung Seite 15). Wäre der Illustrator ein Deutscher, hätte es sicher nicht dieses Bild gewählt, denn es erin-nert fatal an das Parteiemblem der SED. Dies ist eigentlich nicht verwunderlich, denn der Grundgedanke ist ähnlich: es geht um Solidarität und gemeinsames Handeln, dieser Händedruck steht für „soziales Handeln“, auch für Zusammenarbeit, z. B. in Betrieben des Rech-ten Lebenserwerbs.
Unten links findet sich zwei Hände, die eine Taube entlassen, eine Taube, die am Zweig im Mund als Friedenstaube zu erkennen ist(vgl. Abbildung Seite 22). Zwar ist die Friedenstaube ein biblisches Symbol (eine Taube hatte Noah einen Zweig gebracht als die Arche auf dem Berg Ararat gelandet war, so dass Noah erkennen konnte, dass die Sintflut zurück ge-gangen war und Gott wieder Frieden mit den Menschen geschlossen hatte), dies ist jedoch keineswegs störend, denn in unserer von christlichen Einflüssen geprägten Kultur, hat sich die Friedenstaube von diesem historischen Ballast weitgehend befreit und wird von allen Men-schen gleich welcher Religion oder Weltan-schauung als Friedenssymbol akzeptiert. Die Hände, die die Taube entlassen, kehren in vielen Pfaddarstellungen dieses Rades wieder, sie stehen für aktives Handeln, mithin für ein Wesensmerkmals des engagierten Buddhismus. Dieses Symbol steht für politisches Engage-ment. Sicher ist gerade im Deutschland des Jahres 2000 politisches Engagement wegen der moralischen Fehlleistungen vieler Politiker verpönt, aber gerade darum sollte es ja ein Aktionsfeld moralisch handelnder Menschen, z. B. der engagierten Buddhisten sein. Kenneth Kraft stellt hier als Beispiel die engagierte Buddhistin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi als Beispiel vor (vgl. BNI 4), verweist aber auch auf Buddhadhasa und andere hin.
Oben links in diesem Ring sehen wir eine
Hand, die einer Blume Wasser gibt (vgl. Abbil-dung Seite 12). Diese Mudra,
diese Geste, steht für ökologisches Engagement, für den
„Pfad sich um die Welt zu kümmern“.
Um diesen Ring der vier Felder buddhistischen
Engagements schließt sich ein äußerer Ring, der sich mit
den Arten engagierten Handelns auseinandersetzt, die Modi erläutert.
Da ist zunächst ganz oben eine Hand die eine Blume hält (vgl.
Abbildung auf Seite 32), dies steht für karuna, für die Ausstrahlung
mitleidvollen Handelns, also gewissermaßen dem Boddhi-sattva-Ansatz
im buddhistischen Handeln.
Rechts außen findet sich eine Brücke über einen Fluss (vgl. Abbildung auf Seite 16). Dies soll an Boddhidharma erinnern, der durch die Überquerung des Jangtse den Ch´an-Buddhismus (Zen) von Indien nach China brachte. Dies steht für den Ansatz „neues Land erforschen“, was sicher nicht in erster Linie räumlich gemeint ist, sondern bedeuten soll, dass man bereit ist sich neuen, unkonven-tionellen Herausforderungen und Problemen zu stellen.
Im äußeren Ring ganz unten sehen wir zwei Hände in Meditationmudra gehalten inmitten eines Feuers, das aus einem Lotus entspringt, wie ich finde eine sehr schöne, plastische Dar-stellung, dessen, was es ausdrücken soll (vgl. Abbildung auf Seite 11). Es steht für „Leichtigkeit inmitten aller Aktivität und stellt die in Meditation entwickelte Ruhe bei allem Enga-gement von uns Buddhisten dar.
Links im äußeren Ring finden wir ein Symbol, bei dem keine handelnde Hand eingreift: aus einem Lotus entspringen unzählige Blumen und verbreiten sich (vgl. Abbildung auf Seite 14). Dies steht natürlich für die Ausbreitung von Metta, von liebender Güte, in alle Richtungen, wie wir sie in der Meditation der Metta Bhavana einüben.
Damit schließt sich der Kreis der vier Aktionsmodi.
Auch wenn man nun anfangen könnte über weitere Modi nachzusinnen, warum finden sich Metta (liebende Güte) und Karuna (Mitgefühl) als einzelne Modi, warum nicht Mudita (Mitfreude) und warum findet sich Uppekha auch nur angedeutet wieder, auch wenn man fragen könnte ob nicht andere Handlungsfelder zu den hier genannten treten sollten, finde ich den Ansatz, die traditionelle buddhistische bildliche Darstellung in Rädern aufzugreifen und dem Rad der Lehre und dem Lebensrad ein weiteres, das des engagierten Buddhismus zur Seite zu stellen gut und richtig, denn es wertet den engagierten Buddhismus und damit das Han-deln in der Welt und zugunsten der Wesen auf.
Der Ansatz ist gut, richtig und wichtig und wer über gute Englischkenntnisse verfügt und bereit ist den Preis von DM 27,80 (bei Hugendubel) für das doch recht dünne Bändchen zu zahlen, dem kann das „Wheel of Engaged Buddhismus“ nur empfohlen werden.
Im nächsten BNI wird Bert Brauns voraussichtlich die „Revolution von innen“ von Robert Thurman besprechen.
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