Leckereien für Geist und Herz 
Che Chic

Als mir kürzlich eine Wirtschaftszeitschrift in die Hände fiel, bemerkte ich einen Artikel über „Boliviens erste Che-Guevara-Woche, über das Dorf La Higuera, wo er gefasst wurde, die Che-Guevara-Stiftung, die Feier zum Che-Tag (8. Oktober, der Tag seiner Gefangennahme), die „Che-Route“ und massenweise Routenvorschläge. Der Kapitalismus missbraucht selbst seine eingeschworenen Gegner, um Dollars zu machen.

Verkehrsrowdies

Leute, die einen Mercedes, BMW oder Volvo fahren, reagieren ihre Aggressionen am Lenk-rad ab und gefährden damit Unbeteiligte. Der folgende Zwischenfall widerfuhr meiner Kollegin an einer Ampel. Der Fahrer eines nagelneuen Volvo 920 fühlte sich von ihr provoziert, weil sie sich seiner Meinung nach der Ampel zu langsam näherte. Nach der Ampel setzte der Volvofahrer zu überholen an und versuchte sie von der Straße zu drängen. Als ihm dies nicht gelang, zog er an ihr vorbei, verlangsamte seine Geschwindigkeit extrem und erlaubte ihr nicht zu überholen und versuchte so meine Kollegin zu stoppen. Glücklicherweise hielt sie jedoch nicht an, sondern fuhr weiter zu einem Polizeiposten, wo sie zitternd Anzeige erstattete.

Vor zwei Wochen passierte es der Tochter meines Freundes: sie wurde von einem Verkehrsrowdy attackiert, er zwang sie zum anhalten, ging auf ihren Wagen zu und zerschmetterte ihre Windschutzscheibe, sie sprang aus dem Wagen, aber der Kerl drosch auf sie ein, sie erlitt einen Arm- und einen Beinbruch. Dieser Fahrer trug gediegene Kleidung und fuhr einen teuren Wagen. Nach meiner Beobachtung häufen sich dies Fälle in letzter Zeit. Ich frage mich, ob das der Preis unserer Entwicklung ist - auf Kosten der geistigen Gesundheit, der Ruhe und der Friedfertigkeit.

Moderne hungrige Geister

Die Pretas oder hungrigen Geister sind die vielleicht am lebendigsten nachgezeichneten Metaphern aus dem buddhistischen Rad des Lebens. Sie sind Phantomgestalten mit ganz dürren Gliedmaßen, gewaltig aufgeblähten Bäuchen und Hälsen, so dünn wie ein Faden – immer hungrig und das Unmögliche anstre-bend. Sie suchen nach Befriedigung ihrer unerfüllten Wünsche vergangener Zeiten. Ihr geist-ähnlicher Zustand zeigt das Verhaftetsein in der Vergangenheit. Sie leben in und kleben an alten Wünschen und Hoffnungen.
Die deutsche Übersetzung für Preta ist „Konsument“.

Sprache als Gebrauchsartikel

Vor einigen Monaten fuhr ich in Tokio in einem Zug, wo ich einen Mann mit englischer Aufschrift auf der Jacke sah. „Irren ist menschlich, vergeben göttlich.“ stand da unter ande-rem zu lesen. „Ich dachte bei mir „Klasse – eine richtig fortschrittliche Jacke, meist liest man nur Werbesprüche.“ An anderer Stelle aber stand: „Ein Nigger auf dem Holzweg.“ Offensichtlich verstand der Mann gar nicht, was da auf seiner Jacke stand. Aber war das schlimm? Die Worte hatten für 99% der Leute, die ihn an diesem Tag sahen ebenso wenig Bedeutung. Was wirklich wichtig für ihn war, war das Image von Englisch, das in Japan mit Internationalismus, Bildung und anderen positiv besetzten Begriffen in Verbindung steht. War es da wichtig, dass die 1% der Leute, die die Bedeutung verstanden sich ebenso ins Gesicht geschlagen fühlen mussten wie ich? Vielleicht sollten wir die gleiche Frage auch stellen auf die 1% der Weltbevölkerung, jene marginalisierten indigenen Völker, die versuchen von „traditionellen“ Gütern zu leben, die aber inzwischen an die zahlungskräftigen Konsumenten der Welt veräußert werden. Die Vermischung von Images und Bedeutungen sind in der Tat ein mächtiges Instrument von falschem Wähnen und ein kraftvolles Herrschaftswerkzeug in der Hand derer, die in der marktwirtschaftlichen Machtpyramide ganz oben sitzen.

Angepasste Lebenshaltung ist Dharma

Der Dharma hat eigentlich alles recht gut arrangiert in seiner natürlichen Ökologie, aber meist würdigen wir diese wunderbare Tatsache einfach nicht. Statt dessen verunglimpfen wir die Natur, sehen auf sie herab und sind ohne jede Rücksicht auf sie. Wie haben uns bemüht, alles nach unserem Willen abzuändern, gemäß unserer Ignoranz, unserem Verlangen und unserem Egoismus und ruinieren so die natürliche Ökologie. Und so sind wir weder Offen für die Richtigkeit noch für die Fähigkeit die natürliche Ordnung der Natur zu bewahren.
Ich will dies durch eine kurze Geschichte verdeutlichen. In unserer Nachbarprovinz Chumporn züchtete einer meiner Cousins eine Affenart, die sich hervorragend dazu eignet, Kokos-nüsse auf Palmen zu pflücken. Diese Affen sind schwarz, haben ein rotes Gesicht und ein rotes Hinterteil, einen kurzen Schwanz und einen weißen Fleck auf dem Hals. Mein Cousin brachte ihnen bei, auf kleinen Brettern zu schlafen, die an den Palmen befestigt waren. Da diese Schlafplätze nicht überdacht waren, waren die Tiere natürlich der Witterung offen ausgesetzt. Also fragte ich ihn „Warum bist du so herzlos zu den Affen und spendierst ihnen nicht en kleines Dach gegen Wind und Regen?“ Mein Cousin lachte über mein Unverständnis und antwortete: „Einmal habe ich Dächer für sie gebaut, aber sie stiegen auf diese und schliefen dort, auch wenn es regnete.“ Diese Ge-schichte verdeutlicht den gesunden Zustand der Natur. Wir brauchen uns nicht einzumischen, indem wir unsere Gefühle und Zuneigungen aufpfropfen und damit das natürliche Gleichgewicht durcheinanderbringen. Lasst uns ein-fach beachten, wie der natürliche Lauf der Dinge ist.

Wir finden weitere Geschichten dieser Art in unseren buddhistischen Jakata-Erzählungen. In einer dieser Geschichten war der Bodhisattva, der stellvertretend für alle die steht, die den richtigen, den dharmagemäßen Weg gehen, ein Baumgeist. Und in eben diesem Baum wohnten ein Affe und ein Vogel. Eines Tages lachte der Vogel den Affen aus, weil dieser keine Behau-sung habe und zwitscherte: „Warum baust du nicht ein Nest, wie ich es mache. Wir Vögel haben solche hübschen und behaglichen Nester, in denen wir leben.“ Der Affe antwortete: „Du spinnst ja, wir Affen brauchen solche lächerlichen Dinger nicht.“ Da lachte der Vogel den Affen aus, dieser aber wurde wütend und zerriss das Nest in Stücke. So verlor der Vogel sein Nest ob seiner törichten Rede. Der Vogel hatte versucht, dem Affen eine Technologie zu lehren, die völlig unangepasst war. Der Baum-geist lachte über diese Geschichte des frechen Vogels, der dem Affen einen Technologietransfer angedeihen lassen wollte. Ein weiseres Wesen würde erwägen, was eine für seinen Adressaten geeignetere und angepasstere Tech-nologie wäre. Vielleicht wäre es auch an der Zeit zu entdecken, was den menschlichen Wesen angepasst ist, z.B. ob es vernünftig ist, die Welt mit Stahl, Beton und Asphalt zu überziehen.

Wayne Grytting (Malaysia), dt. von LL
 



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