Die Idee, dass Tibets Freiheit wiederherge-stellt werden muss, ist nicht politisch motiviert, sie basiert auch nicht auf der Theorie der Nationalstaatlichkeit. Unser Kampf ist nicht in erster Linie ein ethnischer oder politischer. Vielmehr haben alle in dem spirituellen Land Tibet geborenen Menschen eine universelle Verantwortung gegenüber allen Wesen, und die Erfül-lung ebendieser Verantwortung ist eine Pflicht, die wir alle durch die Tatsache unserer Geburt auf uns geladen haben. Wenn wir uns dieser durch Geburt entogenen Pflicht entziehen, dann sind wir nicht wert, Tibeter zu sein, dann sind wir unfähig in einer Art zu handeln, die unse-rem Erbe gerecht wird.
Worin besteht diese besondere Verantwor-tung von der ich spreche? Es ist die Bewahrung und Verbreitung des einzigartigen inneren Wis-sens und der kulturellen Tradition, welche wir über Tausende von Jahren von den frühen Tibetern übernahmen und ausbauten, von unseren Vorfahren, die dieses Wissen für wertvoller erachteten als ihr eigenes Leben. In heutiger Zeit haben diese Traditionen eine enge Beziehung zum Wohlbefinden der gesamten Menschheit. Wenn wir den Chinesen gestatten, diese Traditionen zu vernichten, wird dies ein großer Verlust nicht nur für die Tibeter, son-dern für die Menschheit als Ganzes sein.
Weiterhin muss ich feststellen, dass dieses Erbe nicht geschützt werden kann, bevor wir völlige Freiheit erlangt haben und bevor Tibets ökologisches Gleichgewicht nicht dadurch auf-recht erhalten wird, dass der Zerstörung der Natur Einhalt geboten wird. Daher ist das letzt-endliche Ziel nicht einfach die politische Freiheit Tibets. Vielmehr ist unser Endziel die Bewahrung und Verbreitung der unvergleichlichen kulturellen Traditionen des einzigartigen inneren Wissens zum Wohle aller fühlenden Wesen. Daher müssen wir die spirituelle Praxis der Befreiung Tibets ohne Zögern in Angriff nehmen.
Im Gegensatz zum Freiheitskampf anderer Völker muss unser Kampf mit einem Gefühl der Dringlichkeit geführt werden, da wir nicht mehrere Generationen auf unsere Freiheit warten können. Wie müssen die Satyagraha-Bewegung mit dem Ziel der Erreichung eines konkreten Resultats nicht später als 1997 oder 1998 durchführen.
Die eine und einzige Aktion unserer spiri-tuellen Praxis der Befreiung Tibets ist die Gewaltfreiheit. Gewaltfreiheit ist der Weg der Mutigsten. Sie überfordert die Angsthasen und ist unverständlich für jene ohne enge Verbin-dung zum inneren Wissen und der Wirkungsweise von Karma. Viele einfältige Menschen vermuten, dass wir die gewaltfreie Methode wegen der riesigen chinesischen Bevölkerung oder der militärischen Stärke Chinas verfolgen. Dies ist ein schweres Mißverständnis und ein Zeichen, dass sie kein Vertrauen in den Pfad gewaltfreier Friedensarbeit haben.
Ob man nun Vertrauen in das Prinzip kar-mischer
Kausalität hat (wobei Tugend zu Glück und Untugend zu Entbehrungen
führt) oder ob man die Situation rein realpolitisch betrachtet: man
kann heilsame Ziele nur durch heilsame Methoden erreichen. Selbst wenn
Gewalt uns Freiheit kurzfristig garantieren würde, müßten
wir fest darauf schwören, niemals Zuflucht da-zu zu nehmen. Ehe wir
einen solchen Eid nicht ablegen können, wird unser gewaltfreier Pfad
kein machtvolles Instrument zur Erreichung unseres Zieles sein.
Es kann keine authentische gewaltfreie
Bewegung geben, die nicht auf Wahrheit basiert. In gewissem Sinne sind
Wahrhaftigkeit und Gewaltfreiheit Synonyme.
Die Qualifikationen eines Satyagraha-Aktivisten
Ein Satyagraha-Aktivist muss klar verstanden haben, dass er oder sie nicht nur in Ausführung der Aktivitäten sehr rasch getötet werden kann, sondern dass alle Mitglieder der Bewegung umkommen können, ohne das Ziel zu erreichen.
Arten der Satyagraha
Die Bewegung umfaßt zwei Formen: Indi-viduelle und kollektive Satyagraha. Wenn eine Person alle genannten Qualifikationen erfüllt, kann er oder sie jeden in Abhängigkeit von Ort und Zeit gangbaren Weg von Satyagraha gehen, ohne einem gemeinsamen Plan zu unterliegen. Viele Arten von Satyagraha sind einfach zu unternehmen und so kann sich jeder darin kontinuierlich engagieren. Individuelle Satyagraha sollte insbesondere dort stattfinden, wo die Zeit für kollektive Satyagraha nicht reif ist. Kollektive Satyagraha hingegen sollte durchgeführt werden von einer Gruppe von mindestens fünf Leuten, die einen zeitlich und örtlich an-gemessenen Plan haben.
Wirkungsbereiche der Bewegung
Spezifische Arten der Satyagraha werden in Abhängigkeit von Ort und Zeit der geplanten Aktionen eingesetzt. Daher ist es nicht möglich, diese Aktionen jetzt alle zu beschreiben. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass Satyagraha-Aktivitäten bestehen aus zivilem Unge-horsam, Verweigerung der Kooperation und friedlichem Widerstand. Hier eine Auflistung von Beispielen:
Die Satyagraha-Bewegung wird sich zahlreichen
möglichen Hindernissen stellen müs-sen, aber die meisten davon
geben nur geringen Anlaß zur Sorge. Dennoch gibt es zwei starke Hindernisse,
die sich als höchst problematisch herausstellen können, nämlich:
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