Zerstörung von Klöstern in Tibet

Das Tibet Information Network (TIN) in London berichtet in einer Veröffentlichung vom 11. Juni 1998 über eine neue Verschär-fung der Unterdrückung der buddhistischen Kultur in Tibet.



Erstmals seit der sog. Kulturrevolution mit ihrer verheerenden Verwüstung tibetisch-buddhistischer Tempel und Klöster (von 6000 blieben gerade noch 13 unversehrt) zerstören die chinesischen Machthaber erneut seither neu aufgebaute Klöster und Tempel in Tibet.

Anfang April 98 haben die chines. Behörden die Klosteranlagen von Drag Yerpa, 30 km nordöstlich von Lhasa zerstört und die 15 Mönche, 50 Nonnen und den leitenden Lama Adzom Pelo Rinpoche vertrieben. Die Mön-che gehörten zur Gelug-, die Nonnen zur Nyingma-Schule des tibetischen Buddhismus. Touristen konnten den zerstörten Ort besuchen und fotografieren. Die Klosteranlage bestand aus mind. 6 Gebäuden und war in den vergangenen Jahren auf Initiative von Adzom Pelo Rinpoche (anderer Name: Jigme Thubten Gyatso) wiederaufgebaut worden.

Als Begründung für den Abriss gaben die Chinesen an, dass die Gebäude nicht an derselben Stelle wie einst errichtet worden seien. Wahrscheinlicher ist, dass das Kloster zerstört wurde, weil der Wiederaufbau durch die Bemühungen eines Ausländers finanziert worden war. Die drei aus dem Ausland gestifteten Hauptstatuen von Buddha Sakya-muni, Avalokitesvara und Padmasambhava konnten noch unter den Trümmern gefunden werden und wurden inzwischen in Sicherheit gebracht.

Die Gegend von Drag Yerpa ist berühmt dafür, dass sich in den hier befindlichen Höhlen von Chimpu der große Lehrer Padmasamb-hava mit seiner Gefährtin Yeshe Tsogyal aufgehalten haben soll. Atisha soll hier eben-falls gelebt haben. Die Einsiedeleien gehörten zu den wichtigsten in Tibet. Vor 1959 gab es hier 20 Nyingma- und Gelugpa-Klöster und ca. 300 Mönche und Nonnen. Auch einige der 64 wiederhergestellten Me-ditationshöhlen sollen nun erneut zerstört worden sein.

Bei der Vernichtungsaktion sollen die Chine-sen die Mönche und Nonnen misshandelt, auf Lkws geladen und abtransportiert haben, die mit einer Plane verdeckt waren. Inzwi-schen sollen von den vertriebenen Nonnen 11 ältere wieder (oder noch) in der Gegend wohnen, vier von ihnen hätten mit Selbstmord gedroht, falls man sie wegschaffen würde. 5 der Mönche waren nach 1993 bereits längere Zeit im Gefängnis inhaftiert. Seit Jahren waren die Mönche und Nonnen dieser Gegend bereits den Schikanen der Chinesen ausgeliefert und hatten sich darum im vergangenen Jahr mit einem Brief an den Sicherheitsrat der UNO und deren General-sekretär Kofi Annan gewandt.

Es ist zu befürchten, dass sich in nächster Zeit in verstärktem Masse solche Zerstörungsaktionen wiederaufgebauter Klöster wiederholen werden. Auf einer politischen Konferenz soll ein Ende des "mutwilligen Baus von Tempeln und Lamasereien" gefordert worden sein. Die "Anzahl von Klöstern, Mönchen und Nonnen sei genügend, um den täglichen religiösen Bedürfnissen der Massen zu entsprechen". Tibeter berichten, Beamte würden in letzter Zeit zahlreiche Orte aufsu-chen und nach der behördlichen Genehmigung religiöser Bauten fragen. Alle, die keine solche hätten oder die nicht exakt am gleichen Ort wiederaufgebaut worden seien, sollten wieder abgerissen werden.

Diese Maßnahmen sind nur ein Teil der allgemeinen Kampagne des "Harten Durchgreifens" und der "Umerziehung", die die chinesische Regierung seit April 1996 in Tibet verfolgt. Nach Angaben des "Tibetan Centre for Human Rigths and Democracy" sollen seither 30.000 Mönche und Nonnen "Umerziehungsmaßnahmen" unterzogen worden sein, 3993 Mönche und Nonnen und 937 Novizen und Novizinnen mussten ihre Klöster verlassen, 294 wurden verhaftet, 14 kamen ums Leben. Von den 1216 politischen Gefangenen in Tibet waren 837 Mönche und Nonnen.

Sechs Klöster wurden in letzter Zeit voll-ständig geschlossen. Darunter das Nonnen-kloster Rakor im Kreis Toelung Dechen 12 km entfernt von Lhasa. Die 80 Nonnen hatten sich geweigert, sich der "patriotischen Umerziehung" durch ein chines. "Arbeitsteam" zu unterwerfen. Weiter das Kloster Jonang Kumbum, 61 km von Lhartse entfernt, sowie das Nonnenkloster Shongchen in der Präfektur Shigatse, das nach seinem Wiederaufbau durch die Dorfbevölkerung nun ebenfalls wieder abgerissen worden sein soll.

Hauptziel aller Maßnahmen und Umerziehung ist, ein 5 Punkte umfassendes politisches Gelübde (!) zu unterschreiben, sich offen und beleidigend von S.H. dem Dalai Lama zu distanzieren, den von China eingesetzten Panchen Lama anzuerkennen, sich allen "Befürwortungen der Unabhängigkeit Tibets zu widersetzen" und "aktiv für die Einheit des Mutterlandes zu arbeiten".

Der 2. Vorsitzende der Parteikomittees der sog. Autonomen Republik Tibet, Raidi, hatte im November 1997 in einer Sendung des "Tibetischen Fernsehens" angekündigt, dass "wir dem Dalai Lama und seiner separatistischen Clique in Denken, Theorie und Ideologie den totalen Krieg erklären müssen".



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