TEIL III
von Jonathan Watts (Think Sangha)
In diesem letzten Abschnitt möchte ich Paticca Samuppada auf die Konsumentenerfahrung im Zusammenhang mit Sportartikeln wie Nike und Reebok anwenden. Damit hoffe ich, weitere Fragen über das Vorgehen von Konzernen wie Nike aufzuwerfen, deren Existenz auf dem übermäßigen Konsum von Luxusartikeln basiert. Ferner glaube ich, dass Paticca Samuppada helfen kann aufzuzeigen, wie ein solcher Konsum Geisteszustände entstehen läßt, die zu einer immer tieferen Verstrickung in ein System ökonomischer Ungerechtigkeit führen.
Am Beispiel des Sportartikelherstellers
Nike lassen sich die mit den Themenkomplexen Konsumismus und globale freie
Marktwirt-schaft verknüpften Fragestellungen wie in einem Mikrokosmos
aufzeigen. Wie vielen anderen Konzernen ist Nike vorgeworfen worden, die
Arbeiter in ihren Fabriken in ärmeren Ländern auszubeuten. Diese
Ausbeutung erscheint um so gravierender, als Nike Luxusgü-ter für
Konsumgesellschaften produziert und die Stars, mit denen das Unternehmen
Werbeverträge abschließt, äußerst gut bezahlt. Die
wachsende Kritik und die Kampagnen gegen Nike hatten jedoch wenig Einfluß
auf einen großen Teil ihres Marktes - schwarze Amerikaner aus den
Großstädten. Arme amerikanische Schwarze haben verständlicherweise
Schwierigkeiten damit, sich mit der Ausbeutung von Arbeitern aus anderen
Ländern auseinanderzu-setzen, solange sie in ihrer Heimat selbst gra-vierender
Ungerechtigkeit ausgesetzt sind.
Schauen wir uns also an, was Paticca Samup-pada
innerhalb dieser Konsumismus-Perspektive über einen typischen jungen
Mann aussagen kann, der in einem amerikanischen Ghetto mit "Hoop Dreams"
aufwächst. (Anm. d. Übers.: Für den Begriff gibt es keine
adäquate Übersetzung. Hoop bedeutet hier, beim Basketball Punkte
zu erzielen.)
1. Verblendung (avijja)
Amerikanische Ghettos stellen den Boden der Erfolgspyramide im amerikanischen Konsu-mententraum dar. Infolge schlechter Ausbil-dungsmöglichkeiten und wenig Zugang zu den Hebeln der Macht, die einen nach oben bringen könnten, stellt der Konsumenten-Lebensstil für die Ghettobewohner ein Festbankett dar, von dem sie nur Krümel abbekommen. ... Über das Fernsehen und andere Medien werden sie mit Bildern aus der Welt des Erfolgs, der Macht und des Besitzes gefüttert.
Ein junger Mann, oft aus einer Familie
ohne Vater, hat wenig direkte Rollenmodelle, die diese Macht, den Erfolg
und Reichtum verkörpern. Die Vorbilder finden sich vielmehr in den
Bildern (Images) der "Außenwelt", außerhalb seines Stadtteils.
Durch diese Abtrennung von der tatsächlichen Komplexität von
Macht, Erfolg und Reichtum kann in dem Ghettojugendlichen das (Trug)Bild
eines sicheren (nicca) und zufriedenstellenden (sukha) Lebensstils entstehen.
Genauso wie man sich an der Versprechung eines Himmels berauschen kann,
kann man dies auch mit den Verheißungen des materiellen Reichtums.
Zudem entsteht durch eine solche Situation der Eindruck, dass Macht außerhalb
einem selbst liegt, nicht in der näheren Umgebung oder den eigenen
Lebensumständen, sondern sehr weit weg. Um also an dieser Macht teilzuhaben,
muss man sich Zu-tritt zu dieser "Außenwelt" verschaffen.
GEISTIGES VERARBEITEN
2. Erfinden/sich ausdenken (sankhara)
3. Bewusstsein (vinnana)
4. Körper und Geist (namarupa)
5. Sinneserfahrung (salayatana)
Wettbewerbssport ist eine der stärksten und anziehendsten Formen des Konsums. Er verkörpert alle Ideale der Konsumentenwelt: körperliche Form, Wettbewerb und Reichtum. Für einen Jungen aus dem Ghetto verkörpert er einen der wenigen Wege in die Außenwelt von Macht, Reichtum und Berühmtheit. Deshalb richten so viele, noch idealistische männliche Jugendliche ihr Interesse auf eine Karriere als Berufssportler. Anders als etwa der Drogen-handel erscheint dies als ein guter Weg. Damit beginnt die Einschränkung des Geistes auf einen begrenzenden Rahmen, innerhalb dessen der Welt begegnet wird. ...
Damit beginnt der Prozess der Zweiteilung, die Entwicklung eines dualistischen Bewusstseins von Geist und Körper und von "Selbst" und "Anderem" im Zusammenhang mit der Kraft/Macht ("power" kann beides bedeuten, Anm. d. Übers.) des Sports. In dem Jungen entsteht nun ein eigenes athletisches Wesen.
6. Sinneskontakt/Voller Kontakt (phassa)
Immer noch in der Konsumwüste des Ghettos lebend, findet die häufigste Form des Kontakts über die Medien statt, vor allem über das Fernsehen und die Werbung. Dies ist vielleicht der gefährlichste Aspekt dieser Umgebung. Das Ghetto bietet jungen Männern nur sehr wenige Möglichkeiten, das ganze Spektrum an Erfah-rungen kennenzulernen, die die "Außenwelt" zu bieten hat. Werbung und Fernsehen liefern sorgfältig kreierte Bilder, zu denen in starkem Maße Schnappschüsse und "O-Töne" aus der Welt des Wettbewerbssports gehören. Auf diesem Weg kommt unser junger Mann täglich in Kontakt mit dem ultimativen Symbol sport-lichen Erfolgs, Michael Jordan. ... Als Athlet ist Jordan bemerkenswert. Als Symbol von Macht, Erfolg und Reichtum für den jungen Ghettobe-wohner ist er das ultimative Modell eines Afro-Amerikaners, der es in der "Außenwelt" geschafft hat.
Es gibt unendlich viele Formen der Kontakt-aufnahme, die dem jungen Mann nun zur Ver-fügung stehen: Poster, Fernsehspots, Lebens-mittel, T-Shirts, Trainingsanzüge und natürlich das Produkt, das alles überhaupt erst ins Rollen gebracht hat: "Air Jordans", der nach dem Sportstar benannte Basketballschuh. Sogar für diejenigen, die keine Basketballfans sind, scheinen diese Schuhe eine unglaubliche Aura und Fähigkeit zu besitzen, vollen Kontakt (phassa) über die visuelle Sinneserfahrung herzustellen. Eines Samstags also, während der junge Mann ein Einkaufszentrum in der Innen-stadt besucht, kommt er an einem "Foot Lo-cker"-Geschäft vorbei, einer internationalen Kette von Sportläden, und entdeckt das neueste Modell der "Air Jordans" im Schaufenster. Durch den Prozess des "geistigen Brodelns" (mental stewing), entsteht Wahrnehmung (sanna), und mit den unverwechselbaren Charakte-ristika der Schuhe entstehen Gefühle von Schönheit (supa) und Wohlbefinden (sukha). Ganz sicher entsteht die Wahrnehmung eines "Selbst" (atta), weil die Schuhe die Essenz und die Aura von Michael Jordan persönlich zu verkörpern scheinen. Mit diesem wahrgenom-menen "Selbst", wird der Junge sein eigenes "Selbst" stärker empfinden, und zwar als Kon-trast dazu ....
7. Gefühl (vedana)
Das Gefühl, das im Zusammenhang mit den "Air Jordans" und anderen Sportartikeln und Produkten dieses Sortiments aufsteigt, ist mit ziemlicher Sicherheit ein positives. Im Gegen-satz dazu wird die ganze andere Welt der Nega-tivität mit den Schuhen ohne Namen, ohne Image und ohne Sportstar als Werbeträger in Verbindung gebracht. Die Damen-Tennisschuhe, die im Sonderangebot sind, werden schließlich kaum wahrgenommen, sie lösen ein weder-angenehmes-noch-unangenehmes Gefühl aus.
Diese Gefühle der sportlichen Kraft/Macht lassen detailliertere Wahrnehmungen (sanna) ... entstehen: Es geht nicht um Badminton. Es geht nicht um den selbstlosen Teamspieler, der seinen eigenen Ruhm für den Sieg des Ganzen opfert. Es geht um den Basketballspieler, den Baseballspieler. Den großen Sportstar, der viel Geld verdient. ... So wichtig es ist zu gewinnen, so wichtig ist es, das richtige Image zu haben, zu dem der Schuh-Werbevertrag, die berühmte Schauspielerin als Freundin, die Auftritte bei Prominenten-Golfturnieren usw. gehören. Der Geist beginnt sich hier also in vielfältiger Wei-se in Richtung Begierde und Anhaften aufzu-spalten, den Bereichen, wo die Feinabstim-mung dessen, was das "Selbst" genau will, stattfindet.
8. Begierde (tanha)
Der Vergleich zwischen den positiven Gefühlen, die durch die "Air Jordans" entstanden sind und den negativen Gefühlen, die die eigenen Schuhe des Jungen in seinem Geist entstehen lassen, lassen ihn die "Air Jordans" begehren (Sinnesbegierde). Auf einer tieferen Ebene beginnt der Jugendliche die Existenz Jordans und anderer Profisportler zu begehren (Seinsbegierde). Auch die Begierde, nicht zu sein (Craving for Non-Being) entsteht, indem er über seine eigene Situation nachdenkt, die so weit weg scheint von der angenehmen Welt, von der er im Sportladen gerade einen kleinen Geschmack bekommen hat. ... Der Junge sieht sich selbst (Begierde, nicht zu sein) und was er haben möch-te, in den Schuhen (Sinnesbegierde) und was er sein möchte, in Michael Jordan (Seinsbegierde). Die scheinbar unüberbrückbare Lücke zwischen seiner eigenen Existenz und der von Jordan lassen ein fast lähmendes Gefühl des Mangels und der Entfremdung entstehen. Die Schuhe hingegen, als konkrete Manifestation dieser Seinsbegierde, stellen einen erreichbaren Zwischenschritt in seinem Traum dar (sind sie das tatsächlich?).
9. Anhaften (upadana)
Durch die drei Ebenen der Begierde entsteht Anhaften.
a) Durch die Gier nach den "Air Jordans" (Sin-nesbegierde), kann der Junge jetzt seine Augen nicht mehr von ihnen abwenden. Sie beherrschen sein Denken, so dass er andere Schuhe gleicher Qualität, aber zu einem erschwinglicheren Preis, gar nicht mehr ansehen mag. (Anhaften an Sinnesobjekte)
b) Auf einer tieferen Ebene beginnt sich seine Gier, so zu sein wie Jordan und andere Profisportler, in eine tiefergehende Überzeugung zu verwandeln, die da lautet: "Ja, das ist das Leben! Ein NBA-Star (Basketballstar) zu sein ist das einzig wahre! Das wird mein Traum!" (Anhaften an Ansichten).
c) Mit dem Entstehen dieser Überzeugungen beginnt er nicht nur, immer stärker an den Schuhen als einem der Mittel zu diesem be-gehrten Lebensstil zu hängen. Zugleich beginnt er auch, an den Vorstellungen zu haften, mit denen er seine Überzeugungen in die Tat um-setzen möchte: "Ich muss heute nachmittag das Lernen für die Schule ausfallen lassen, um an meinen Sprüngen zu arbeiten." (Anhaften an Verhaltensformen)
d) Mit all diesen verhärteten "Selbst"bildern ... entwickelt sich ein junger Mann, der bestimmte Turnschuhe begehrt, Sport liebt und Macht haben will (Anhaften an das "Selbst"). Die Verhärtung des "Selbst"bildes klammert mögli-che Fragen oder andere Perspektiven aus, wie zum Beispiel: "Warum sollte ich nicht die billigeren Schuhe kaufen und den Rest des Geldes für ein Lehrbuch ausgeben?", "Ich habe auch eine andere Geschichte von einem Star gelesen, der kokainabhängig wurde und seine Frau schlug. Vielleicht ist dieses Leben am Ende doch nicht so einfach?", oder "Wenn ich keinen richtigen Schulabschluß habe, was will ich nach dem Ende der Sportlerkarriere tun? Etwa einen Schnapsladen aufmachen?".
DIE REIFUNG DES SELBST
10. Werden (bhava)
11. Geburt (jati)
Mit den ursprünglichen Identifikationen im Begehren und der Entstehung seines Sportler-"Ichs" im Prozeß des Anhaftens reift das "Selbst" des Jungen heran. Er ist besessen von den Schuhen, "Ich werde sie bekommen!", er schwelgt immer stärker in seinem Traum, "Niemand wird mich aufhalten können", und er plant seinen Weg immer gründlicher, "Erst kaufe ich die Schuhe, dann schaffe ich es ins Team, dann bekomme ich ein Stipendium..., dann einen Langzeitvertrag!". Durch diesen Prozess entstehen stabilisierte Identifizierungen des Jungen als eines großen Sportler-"Ichs" mit den dazugehörenden Umgebungen und Situationen, die ihm seinen Traum verwirklichen werden: zuerst Foot Locker, der Laden seiner Träume, dann das High-School-Team, die Universität... und natürlich das NBA-Team, für das er spielen wird. ... Diese Identifikationen formen ein ideales "Selbst" in der Zukunft, das auf den objektivierten und verblendeten Sehn-süchten der Begierde und des Anhaftens basiert. Somit entsteht also die Vision eines "Selbst", das die Realität des gegenwärtigen "Selbst" noch mehr frustriert und das das Man-gelgefühl, das der Junge überwinden will, noch verstärkt.
12. Altern und Sterben (jaramarana)
Die unmittelbare Erfahrung des Jungen von Altern und Sterben besteht hier darin, dass er die Schuhe an diesem Tag nicht kaufen kann. Sobald er den Laden verlässt, ist der ganze Zauber verschwunden. Jordan und seine Schu-he bleiben im Laden, und der Junge bleibt mit dem gleichen "Selbst" zurück, mit dem er den Laden betrat. Die Begeisterung, die er im Laden zurückließ, wird sich wahrscheinlich in ein Angeödetsein von den Aktivitäten in der Schu-le und seinem Leben, die nichts mit dieser aufregenden Sphäre des Sports zu tun haben, verwandeln. Vielleicht empfindet er auch Angst, wenn er über den schwierigen und trügerischen Weg nachdenkt, der zu seinem Traum eines Profisportlers führt.
Wenn Ursachen und Wirkungen positiv für ihn verlaufen, wird er vielleicht tatsächlich die Reifung eines Sportathleten-"Selbst" erleben. Wahrscheinlich wird dieses "Selbst" aber mit weiteren zusammengesponnenen "Selbst"-bildern vermischt werden und das Projekt schließlich entgleisen. Das perverseste, aber nicht ungewöhnlichste Szenario ist, dass das "Selbst" in den Bildern des Anhaftens stecken bleibt, während es gleichzeitig das verliert, was tatsächlich für einen Erfolg nötig ist. Für einige in dieser Situation ist die Sucht nach materiel-len Formen und Lebensstilen ohne die Fähig-keiten und Substanz, diese zu unterstützen, eine gute Voraussetzung, um ein Drogendealer zu werden.
DIE TIEFEREN UNGERECHTIGKEITEN DES STRUKTURELLEN BEDINGTEN ENTSTEHENS IM KONSUMISMUS
Das ganze Ausmaß und die Verästelungen dieses Geburtsprozesses mögen an dem Bei-spiel eines Jungen nicht ganz verständlich werden. "Ein Kind geht also in einen Laden, verliebt sich in Michael Jordan und will ein Sportstar werden - was soll daran falsch sein?" mögen wir uns fragen. Das gleiche ist vielleicht Michael Jordan vor vielen Jahren passiert, als er einen Laden betrat, ein Bild seines Sportidols sah und sein erstes Paar "Converse"-Turnschuhe kaufte. Der Knackpunkt dieser Fallstudie ist aber, dass dieser Prozess von Paticca Samuppada sich immer von neuem in zahllosen jungen Männern im ganzen Land abspielt. Auf einer Massenebene unterstützt er die Errichtung und Erhaltung von Strukturen, die alle mit der Verblendung, der Gier nach Geld und der Konsumentenkultur durchdrun-gen sind, die die höchsten Ränge des Sports auszeichnen. ... Diese Art von Konsumententräumen ist das Bollwerk eines Systems ökonomischer Ungerechtigkeit, die diejenigen am Boden der Erfolgspyramide am härtesten trifft.
SCHLUSSFOLGERUNG
Alle Sportlerträume haben irgendwann ein Ende. Idealerweise sollten sie mit einer oder auch mehreren Siegertrophäen auf dem Regal enden, mit einigen Gewinnen, einigen Nieder-lagen und einigen Lektionen, die man für sein künftiges Leben verwerten kann. Für die ame-rikanische Ghettojugend bedeutet Wettbewerbssport aber leider einen schmerzlichen Ausflug nach Las Vegas, wo dir jeder dein Geld stiehlt und dich auf dem Highway zurückläßt, der in die Wüste führt. ... Nur für sehr wenige wird der Traum zur Realität. Für die wirtschaftliche Elite ist der Sportlertraum eine vergnügliche Ablenkung. Für den Sockel der Pyramide ist der Ablenkungsaspekt des Sports aber nur ein makabres Theater, denn in ihrer alltäglichen Umgebung dient die Welt des Profisports weniger als Ablenkung denn als Erinnerung daran, was sie nicht haben und was sie sehr wahrscheinlich auch nie bekommen werden. Sie können vom Himmel träumen, aber die Sünder, die der Hölle entkommen, sind letztlich wenige an der Zahl. Für die große Masse von uns in der Mitte ist der Wettbewerbssport eine Konsum-Ablenkung, die das ökonomische System am Leben erhält, während es uns ironischerweise betäubt gegenüber den Gründen unseres täglichen Kampfs ums wirtschaftliche Überleben.
Jedes Jahr versuchen wir aufs Neue, finanziell über die Runden zu kommen - aber vielleicht wären wir ja gar nicht so knapp bei Kasse, wenn wir aufhören würden, all diese Nike-Produkte und NBA-Merchandising-Artikel zu kaufen. Würden wir dies allerdings tatsächlich tun, würde die Wirtschaft, die auf dem Konsum der Verbraucher und der Freizeitindustrie basiert, zusammenbrechen und uns in Folge noch stärker in die finanzielle Klemme bringen. Also lenken wir uns am besten weiter ab ...
Das ist der gemeine Trick (catch 22), wenn wir versuchen, unser eigenes Leben und die Gesell-schaft als ganzes zu verändern. Wir haben Gesellschaften und Wirtschaftssysteme entwickelt, die die von uns konstruierten "Ichs" widerspiegeln. Ziehen wir bei beiden den Stöpsel heraus, starren wir in den Abgrund des Nicht-Selbst und des Kollapses der Gesellschaft, so wie wir sie kennen. Wir begehren einen friedlicheren, weniger quälenden und weniger oberflächlichen Weg, um Sinn in unserem Leben zu finden. Aber in dem Moment, in dem wir beginnen, uns zu lösen, füh-len wir uns möglicherweise einsam und leer ohne all die materiellen Ablenkungen, auf denen wir unsere Identität aufgebaut haben. Indem wir von einer solchen Gesellschaft einen Schritt zurück treten, fühlen wir zugleich die Bedrohung, die materiellen Errungenschaften zu verlieren, für die die Menschen seit mehreren hundert Jahren so hart gearbeitet haben und wieder in das frühe Mittelalter zurückzuverfallen.
Damit sind wir bei der dritten edlen Wahrheit
angelangt: dass es tatsächlich eine Lösung unserer Probleme gibt
und eine konkrete Methode, dorthinzukommen. Um in unserem persönlichen
Leben voranzukommen in Rich-tung der Beendigung unserer Krankheit und anschließend
intelligente und praktische Schritte hin zur Veränderung unserer Gesellschaften
zu tun, müssen wir mit der Arbeit an unserem Geist beginnen. Der buddhistische
Weg hin zu einer Welt jenseits des Konsumismus und einer ausbeuterischen
Wirtschaft ist ein Schritt, der von innen nach außen führt.
Indem wir eine heilsame Basis für unser Wesen schaffen, können
wir dann die richtigen Schritte erkennen, die wir tun müssen, um unsere
Gesellschaften und den Planeten zu verändern. Die Lehre des Buddha
wird uns keinen strukturel-len Plan für diese Gesellschaft liefern,
den unser wissenschaftlicher Geist so gerne hätte. Aber sie liefert
eine uns leitende Grundlage an persönlichen und zwischenmenschlichen
Beziehungen, die unsere Bemühungen um neue Strukturen mit der nötigen
Menge an Wissenschaft und Humanität füllt.
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