Ihr Buch „Doch mein Herz lebt in Tibet“ erschien im Oktober nun auch in Deutschland und erzählt zwar nur einen kleinen Teil der grausamen Geschichte Tibets, enthält aber doch gleichzeitig alles, was der Welt bislang durch die chinesische Regierung vorenthalten wurde. Ama (= Mutter) Adhe Tapontsang wurde über 28 Jahre von der Okkupationsmacht China gefangengehalten und erlebte all das, was das Schicksal der Tibeter und Tibets zeichnet. In ihrem erschütternden Buch wird die Wahrheit enthüllt. Alle sollen lesen und wissen, was sich in Tibet seit fast fünf Jahrzehnten abspielt. Eigentlich ist es schon längst bekannt. Nur schaut die Weltöffentlichkeit nicht hin. Gerade wenn es um ein Land geht, was doch so weit weg ist...
Ama Adhe ist ca. 66 Jahre alt. Genau kann man es nicht sagen, denn die Tibeter legen keinen Wert auf individuelle Geburtstage. In Tibet haben alle Menschen an Losar (Neujahr) Geburtstag, denn da wird schließlich jeder ein Jahr älter. Eigentlich viel schöner und origineller als unsere Tradition der Altersberechnung. Dies vermittelt zudem ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, was bei den Tibetern ohnehin schon stark ausgeprägt ist. Wäre ebendieses Zusammengehörigkeitsgefühl nicht vorhanden, wäre das tibetische Volk wohl schon ausgerottet.
Amas Leben erzählt uns alles, was wichtig ist zu wissen. Alles was viele international agierende Tibet-Unterstützungsgruppen schon lange erzählen möchten. Leider finden die Tibetgruppen oftmals nicht das öffentliche Gehör, das sie bräuchten, um alle Menschen aufzuklären. Ama Adhes Buch ist nun in aller Welt zu haben und es wird helfen über die Situation Tibets zu informieren. Ama Adhe ist neben dem Mönch Palden Gyatso die wichtigste und berühmteste Zeitzeugin in Sachen Tibet und Menschenrechte.
Adhe war die jüngste in ihrer Familie, das Nesthäkchen. Wild, ein wenig ungezogen und fordernd. Sie wurde von ihren Eltern und Geschwistern über alles geliebt. Besonders ihr Vater und ihr ältester Bruder Jughuma waren sehr bedacht aus ihr eine selbstbewusste, disziplinierte Frau zu machen. Ebenfalls sehr umsorgt wurde Adhe von ihrem Schwager Pema Gyaltsen, der für sie wie ein Bruder war und der später, zusammen mit Adhe Vorbildfunktion für die politische Opposition und Rebellion hatte. Pema und Adhe wurden von der chinesischen Regierung als Verbrecher schlimmster Sorte verfolgt. Doch nie hätten sie ahnen können, welches Leid ihnen zu Teil werden würde.
In Frühjahr 1950 fielen die Kommunisten in Tibet ein, 1954 wurde ein politisches Konsultationskomitee eingerichtet. Adhes Vater wurde zum Mitglied des Komitees bestimmt und sollte, so wie alle anderen, im kommunisti-schen Sinne umerzogen werden. Doch dazu kam es nie. Im späten Frühjahr ´54 starb er im Krankenhaus. Er hatte nie an den Kommunismus geglaubt, war immer treu seinem Volk und seiner Religion und Kultur gegenüber. Und er warnte seine Familie.
Noch bevor 1956 die „Demokratische Reform“ eingeführt wurde, vergifteten die Besatzer Adhes Mann Sanghdu Pachen. Ihr Sohn Chimi Wangyal war gerade ein Jahr alt. Wenngleich zu diesem Zeitpunkt das Leid der Familie Tapontsang und vieler anderer tibetischer Familien schon unsagbar groß war, so sollte von nun an das Grauen um ein vielfaches schlimmer werden.
Es kam zu den ersten Thamzing. Foltersitzun-gen, während derer Familien sich in aller Öffentlichkeit und unter Zurschaustellung, teilweise bis zum Tode, quälen und foltern mussten. Ziel dieser Thamzing war es, die Bevölke-rung zu spalten. Gläubige Buddhisten wie die Tibeter es sind, mussten Mönche und Äbte auf übelste Art entroben und misshandeln. Ebenso wie Geistliche zum Mord gezwungen wurden, mussten Kinder ihre Eltern, und umgekehrt, foltern und töten. Sämtliche Besitztümer wurden von den Chinesen eingezogen. Nichts durften die Tibeter behalten. Wer persönliche Dinge versteckte und somit vorenthielt, wurde auf grausame Weise bestraft.
Die Lage spitzte sich zu, bis Adhe am 16. Oktober 1958 festgenommen und inhaftiert wurde. Sohn Chimi, zu diesem Zeitpunkt 3 Jahre alt, musste der Festnahme beiwohnen. Er wurde ebenfalls misshandelt, so dass er den Verstand verlor und sich in einem, nahe dem Haus gelegenen Fluss ertränkte.
Die Bedingungen im Gefängnis glichen denen eines Konzentrationslagers. Fünf Gefangene in einer etwa 9 x 15 Fuß großen Zelle ohne Fenster und Licht. Ein Eimer in der Mitte des Kerkers diente als Toilette. Jeden Tag wurden die Gefangenen geholt und furchtbarer Folter ausgesetzt. Bambussplitter wurden ihnen unter den Fingernagel eingeführt bis sie hinten wieder aus der Haut herausbrachen. Sie wurden an den Füßen aufgehängt, mit dem Kopf über ein Feuer ...
Adhes geliebter Schwager Pema Gyaltsen wurde vor ihren Augen, ihr gegenübersitzend, erschossen, und zwar so, dass Adhe Teile seines Gehirns und Blut auf dem Kleid hatte. Doch Adhe sollte nicht einfach erschossen werden. Sie wurde fast drei Jahrzehnte gedemütigt, vergewaltigt und so gequält, dass sie dem Tod immer knapp entkam. Das war die Absicht der Chinesen. Gern wäre sie gestorben. Doch wurde das nicht zugelassen. Leiden sollte sie.
Ihr Glaube half Adhe durch diese schwere Zeit. Der Buddhismus, der Glaube an S. H. den Dalai Lama und die Dolma (Tara) – Praxis hielten Ama Adhe hoch, ermöglichten ihr zu überleben.
1985 konnte sie, unter dem Vorwand ihren Bruder zurückzuholen, aus Tibet ausreisen und endgültig fliehen. Seit 1987 lebt Ama in Dharamsala / Indien, ganz in der Nähe Seiner Hei-ligkeit. Dort arbeitet sie, zusammen mit ihrem Mann, in einem Durchgangslager für tibetische Flüchtlinge, die meist halb erfroren und dem Tod nahe, über die eisigen Berge des Himalaya kommen. Viele Kinder sind dabei, auch alte Menschen. Sie alle nehmen schlimmstenfalls sogar den Tod während der Flucht in Kauf, um sich den grauenvollen Zuständen in ihrem Heimatland zu entziehen. Ama Adhe weiß welche Tortur die Flüchtlinge hinter sich haben. Sie weiß genau was sich hinter den Bergen in Tibet abspielt.
Nun ist ihr Buch veröffentlicht und wird Zeugnis geben, auch dann „wenn ich nicht mehr am leben bin.“ (O-Ton Ama Adhe). Bis dahin wird Ama unterwegs sein, die Menschen aufzuklären. Alles erzählen. Sie hat ihr Versprechen eingelöst.
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