Aber gleichzeitig gibt dieses System einen starken Impuls zur Verstärkung materialistischer und egoistischer Neigungen. Materieller Konsum ist zu einem sehr verlockenden Sys-tem geworden. Sulak Sivaraksa, ein prominen-ter und engagierter Buddhistischer Gelehrter drückt seine tiefe Sorge darüber aus und verweist darauf, wie im Laufe seines Lebens in Thailand buddhistische Werte der Spiritualität, Harmonie und Wohlwollen sich gewandelt haben und durch den marktorientierten Kapitalismus in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Die Leute sind gefangengenommen von einer fieberhaften Gier nach materiellem Wohlstand, der keineswegs immer die Lebensqualität steigert und im krassen Gegensatz zu buddhistischen Tugenden wie Besonnenheit und Kon-trolle der Selbstsucht steht. Er nennt dies "Konsumismus" und bezeichnet es als eine Pseudoreligion, die nicht in der Lage ist, zu Befriedi-gung und innerem Frieden zu führen.
Ein ähnliches Anliegen scheint hinter dem Gedanken einer "islamischen Ökonomie" zu liegen, die darauf abzielt, das ökonomische Denken und Handeln auf die Basis grundlegen-der Lehren des Islam zurückzuführen. So argumentiert Timur Kuran im Mai 1996 in der Zeitschrift "American Economic Review", das Hauptziel sei, die Moslems davor zu bewahren, sich der global auftauchenden westlichen Kultur anzupassen, die wirtschaftlichen Leistungen nicht zu hinterfragen. In der Tat ist nicht nur der Zins als eindeutig unislamisch anzusehen, sondern auch Versicherungen, Spekulation, Berechnung statistischer Werte und andere typisch kapitalistische Praktiken.
Die Verzinsung von Darlehen war auch im mittelalterlichen Christentum verboten. Andererseits ist der Zins natürlich ein essentieller Aspekt des kapitalistische Systems. Um die ethischen Einwände einer gesamten Epoche der Weltgeschichte zu überwinden, benötigte der Kapitalismus die Unterstützung der Religion. Wie Max Weber aufgezeigt hat, kam diese entscheidende Unterstützung vom Protestantismus und insbesondere vom Calvinismus. (...)
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