Zweifelsohne, das Energierecht der Nazis, das bis heute gilt, wollten
auch wir schon lange abschaffen. Die von den Umweltverbänden geforderte
Änderung mußte nun auch in Deutschland kommen, da es jetzt eine
EU-Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt gibt. Die EU-Richtlinie
läßt den Mitgliedländern allerdings einen weiten Spielraum,
wie sie diese in nationales Recht umsetzen.
Im Artikel 3 sieht diese Richtline ausdrücklich vor, daß
die Mitgliedsstaaten den
Elektrizitätsunternehmen gemeinwirt-schaftliche Verpflichtungen,
z.B. im Umweltschutz auferlegen können. Damit könnte der Gesetzgeber
etwa vorschreiben, daß ein bestimmter Anteil des Stromes aus regenerativen
Quellen stammen muß. Rexrodt will aber auf Biegen und Brechen eine
Steinzeitliberalisierung durchsetzen. Bei seinem Gesetzesentwurf soll der
Preis das alleinige Kriterium werden. Weder Kraft-Wärmekopplung mit
Blockheizkraftwerken noch die Windenergie werden dabei eine Chance erhalten.
Wer Strom aus "Kohledreckschleudern" aus Osteuropa oder subventionierten
Atomstrom aus Frankreich für wenige Pfennige pro Kilowattstunde kaufen
kann, wird ohne gesetzliche Vorgabe keinen Windstrom oder Strom aus Blockheizkraftwerken
kaufen.
Die Struktur der deutschen Energieversorgung, geprägt durch ca.
900 Stadtwerke, wird sich grundlegend verändern. Wenn bisher überhaupt
in Deutschland Klimaschutz betrieben wurde, dann im wesentlichen von Stadtwerken,
die z.B. durch den Einsatz von Blockheizkraftwerken und Wärmelieferung
an Kunden eine effiziente Energienutzung betrieben haben. Die Stadtwerke
will Rexrodt aber ausdrücklich bestrafen, indem er sie nicht als Käufer
auf dem Markt ("single buyer" gemäß EU-Richtlinie) zulassen
will. Das bedeutet in der Praxis, daß sich immer mehr Großkunden
von Stadtwerken (in Abhängigkeit von ihrem Stromverbrauch) billigere
Anbieter (wo auch immer) suchen dürfen. Die Stadtwerke selbst dürfen
dies jedoch nicht. Sie müssen ohnmächtig zusehen, wie ihnen die
Kunden davonlaufen. Am Ende bleiben den Stadtwerken nur die Privatkunden,
für die der Strom in den nächsten Jahren drastisch teurer werden
wird.
Man schätzt gegenwärtig, daß von den 900 Stadtwerken
nur maximal 80 diesen Preiskampf überleben werden. Alle anderen werden
von den großen Vorlieferanten (z.B. RWE) geschluckt. Was also unter
dem Deckmantel der Liberalisierung und Marktöffnung daherkommt, ist
in Wahrheit ein gigantisches Konzentrationsprogramm, in dem die Großen
auf dem Markt die eindeutigen Gewinner sind. Verlierer sind die kommunalen
Stadtwerke und damit auch die Kommunen, die Privatverbraucher sowie der
Umwelt- und Klimaschutz. Den können wir uns unter den heraufziehenden,
steinzeitlichen Liberalisierungsverhältnissen nun wahrlich nicht mehr
leisten. Was ja zu beweisen war.
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