Atom-Konsenspapier

Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen 
vom 14. Juni 2000

I.      Einleitung
II.    Beschränkung des Betriebs der bestehenden Anlagen
III.   Betrieb der Anlagen während der Restlaufzeit
IV.   Entsorgung
V.     Novelle des Atomgesetzes
VI.    Sicherung der Beschäftigung
VII.  Monitoring
VIII. Anhang
  • Tabelle zu den Strommengen
  • Erklärung des Bundesumweltministeriums gegenüber RWE zum weiteren Verfahren der Nachrüstung des KKW Biblis A
  • Periodische Sicherheitsüberprüfung
  • Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes Gorleben
  • Summarische Darstellung einer  Novelle des Atomgesetzes

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    I. Einleitung

    Der Streit um die Verantwortbarkeit der Kernenergie hat in unserem Land über Jahrzehnte hinweg zu heftigen Diskussionen und Auseinandersetzungen in der Gesellschaft geführt. Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichen Haltungen zur Nutzung der Kernenergie respektieren die EVU die Entscheidung der Bundesregierung, die Stromerzeugung aus Kernenergie geordnet beenden zu wollen.

    Vor diesem Hintergrund verständigen sich Bundesregierung und Versorgungsunternehmen darauf, die künftige Nutzung der vorhandenen Kernkraftwerke zu befristen. Andererseits soll unter Beibehaltung eines hohen Sicherheitsniveaus und unter Einhaltung der atomrechtlichen Anforderungen für die verbleibende Nutzungsdauer der ungestörte Betrieb der Kernkraftwerke wie auch deren Entsorgung gewährleistet werden.

    Beide Seiten werden ihren Teil dazu beitragen, dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird. Die Bundesregierung wird auf der Grundlage dieser Eckpunkte einen Entwurf zur Novelle des Atomgesetzes erarbeiten. Bundesregierung und Versorgungsunternehmen gehen davon aus, dass diese Vereinbarung und ihre Umsetzung nicht zu Entschädigungsansprüchen zwischen den Beteiligten führt.

    Bundesregierung und Versorgungsunternehmen verstehen die erzielte Ver-ständigung als einen wichtigen Beitrag zu einem umfassenden Energiekonsens. Die Beteiligten werden in Zukunft gemeinsam daran arbeiten, eine umweltverträgliche und im europäischen Markt wettbewerbsfähige Energieversorgung am Standort Deutschland weiter zu entwickeln. Damit wird auch ein wesentlicher Beitrag geleistet, um in der Energiewirtschaft eine mög-lichst große Zahl von Arbeitsplätzen zu sichern.


    II. Beschränkung des Betriebs der bestehenden Anlagen


    1. Für jede einzelne Anlage wird festgelegt, welche Strommenge sie gerechnet ab dem 01.01.2000 bis zu ihrer Stilllegung maximal produzieren darf (Reststrommenge). Die Berechtigung zum Betrieb eines KKW endet, wenn die vorgesehene bzw. durch Übertragung geänderte Strommenge für die jeweilige Anlage erreicht ist.

    2. Die Reststrommenge (netto) wird wie folgt berechnet:

    Die sich so für die einzelnen KKW ergebenden Reststrommengen sind in der Anlage 1 aufgeführt. Diese Reststrommengen werden im Anhang zur Novelle des AtG verbindlich festgelegt; Ziff. II / 4 bleibt unberührt.

    3. Die EVU verpflichten sich, monatlich dem Bundesamt für Strahlenschutz die erzeugte Strommenge zu melden.

    4. Die EVU können Strommengen (Produktionsrechte) durch Mitteilung der beteiligten Betreiber an das BfS von einem KKW auf ein anderes KKW übertragen.

     Zwischen den Verhandlungspartnern besteht Einvernehmen, dass die Flexibilität genutzt wird, um Strommengen von weniger wirtschaftlichen auf wirtschaftlichere Anlagen zu übertragen. Deshalb werden grundsätzlich Strommengen von älteren auf neuere und von kleineren auf größere Anlagen übertragen. Sollten Strommengen von neueren auf ältere Anlagen übertragen werden, bedarf dies des Einvernehmens zwischen den Verhandlungspartnern im Rahmen der Monitoring-Gruppe (vgl. Ziffer VII) unter Beteiligung des betroffenen EVU; dies gilt nicht bei gleichzeitiger Stilllegung der neueren Anlage.

    5. RWE zieht den Genehmigungsantrag für das KKW Mülheim-Kärlich zurück. Ebenso nimmt das Unternehmen die Klage auf Schadensersatz gegen das Land Rheinland-Pfalz zurück. Mit der Vereinbarung sind alle rechtlichen und tatsächlichen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren sowie mit den Stillstands-zeiten der Anlage abgegolten.

    RWE erhält die Möglichkeit entsprechend der Vereinbarung 107,25 TWh gemäß Ziff. II/4 auf andere KKW zu übertragen.

     Es besteht Einvernehmen, dass diese Strommenge auf das KKW Emsland oder andere neuere Anlagen sowie auf die Blöcke B und C des KKW Gundremmingen und max. 20 % auf das KKW Biblis B übertragen werden.


    III. Betrieb der Anlagen während der Restlaufzeit

     1. Sicherheitsstandard / Staatliche Aufsicht

    Unbeschadet unterschiedlicher Einschätzungen hinsichtlich der Verantwortbarkeit der Risiken der Kernenergienutzung stimmen beide Seiten überein, dass die Kernkraftwerke und sonstigen kerntechnischen Anlagen auf einem international gesehen hohen Sicherheitsniveau betrieben werden. Sie bekräftigen ihre Auffassung, dass die-ses Sicherheitsniveau weiterhin aufrecht erhalten wird.

    Während der Restlaufzeiten wird der von Recht und Gesetz geforderte hohe Sicherheitsstandard weiter gewährleistet; die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, um diesen Sicherheitsstandard und die diesem zugrundeliegende Sicherheitsphilosophie zu ändern. Bei Einhaltung der atomrechtlichen Anforderungen gewährleistet die Bundesregierung den ungestörten Betrieb der Anlagen.

    Zum weiteren Verfahren der Nachrüstung des KKW Biblis A wird auf die in Anlage 2 enthaltene Erklärung des Bundesumweltministeriums gegenüber der RWE AG verwiesen.

    Die EVU werden bis zu den in Anlage 3 genannten Terminen Sicherheitsüberprüfungen (SSA und PSA) durchführen und die Ergebnisse den Aufsichtsbehörden vorlegen. Damit wird eine bei der Mehrzahl der KKW begonnene Praxis fortgesetzt.

    Die Prüfungen sind alle 10 Jahre zu wiederholen. Die PSÜ entfällt, wenn der Betreiber verbindlich erklärt, dass er den Betrieb der Anlage binnen 3 Jahren nach den in Anlage 3 genannten Terminen einstellen wird.

    Die Sicherheitsüberprüfung erfolgt auf der Grundlage des PSÜ-Leitfadens.

    Bei einer Fortentwicklung des Leitfadens wird BMU die Länder, die Reaktorsicherheitskommission und die Betreiber der KKW beteiligen.

    Die Pflicht zur Vorlage einer Sicherheitsüberprüfung wird als Betreiberpflicht zur Unterstützung der staatlichen Aufsicht im Rahmen des § 19 AtG gesetzlich normiert.

    Die Unabhängigkeit und Qualifikation der GRS bleibt gewährleistet.

     Die Forschung auf dem Gebiet der Kerntechnik, insbesondere der  Sicherheit, bleibt frei.

    2. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

     Die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, mit der die Nut-zung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird. Dies gilt auch für das Steuerrecht. Allerdings wird die Deckungsvorsorge durch Aufstockung der so genannten zweiten Tranche oder einer gleichwertigen Regelung auf einen Betrag von 5 Mrd. DM erhöht.

    IV. Entsorgung

     1. Zwischenlager

    Die EVU errichten so zügig wie möglich an den Standorten der KKW oder in deren Nähe Zwischenlager. Es wird gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht, vorläufige Lagermöglichkeiten an den Standorten vor Inbetriebnahme der Zwischenlager zu schaffen.

    2. Wiederaufarbeitung

    Die Entsorgung radioaktiver Abfälle aus dem Betrieb von KKW wird ab dem 01.07.2005 auf die direkte Endlagerung beschränkt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Transporte zur Wiederaufarbeitung zulässig. Angelieferte Mengen dürfen verarbeitet werden. Die Wiederaufarbeitung setzt den Nachweis der schadlosen Verwertung für die zurückzunehmenden Wiederaufarbeitungsprodukte voraus.

    Die EVU werden gegenüber ihren internationalen Partnern alle zumutbaren vertraglichen Möglichkeiten nutzen, um zu einer frühestmöglichen Beendigung der Wiederaufarbeitung zu kommen.

    Die Bundesregierung und EVU gehen davon aus, dass in dem vorgesehenen Zeitraum die noch verbleibenden Mengen transportiert werden können. Sie gehen des weiteren davon aus, dass die Genehmigungsverfahren für Transporte zur Wiederaufarbeitung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bis zum Sommer 2000 abgeschlossen werden können.

    Sollte der Prozess der Abwicklung der Wiederaufarbeitung aus von den EVU nicht zu vertretenden Gründen nicht zeitgerecht durchgeführt werden können, werden beide Seiten rechtzeitig nach geeigneten Lösungen suchen.

    3. Transporte

    Die EVU können abgebrannte Brennelemente bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bis zur Inbetriebnahme der jeweiligen standortnahen Zwischenlager in die regionalen Zwischenlager sowie bis zur Beendigung der Wiederaufarbeitung ins Ausland transportieren. Beide Seiten gehen davon aus, dass die standortnahen Zwischenlager in einem Zeitraum von längstens fünf Jahren betriebsbereit sind. Bundesregierung, Länder und EVU richten gemeinsam eine ständige Koordinierungsgruppe zur Durchführung der Transporte ein. Zu den Aufgaben gehört auch die Zusammenarbeit mit den Sicher-heitsbehörden von Bund und Ländern.

    4. Gorleben

    Die Erkundung des Salzstockes in Gorleben wird bis zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen für mindestens 3, längstens jedoch 10 Jahre unterbrochen.

    Die Bundesregierung gibt zur Erkundung des Salzstockes Gorleben eine Erklärung ab, die als Anlage 4 Bestandteil dieser Vereinbarung ist.

      5. Pilotkonditionierungsanlage

    Die zuständigen Behörden schließen das Genehmigungsverfahren für die Pilotkonditionierungsanlage nach den gesetzlichen Bestimmungen ab. Die Nutzung der Anlage wird auf die Reparatur schadhafter Behälter beschränkt. Ein Antrag auf Sofortvollzug der atomrechtlichen Genehmigung wird nur bei akutem Bedarf gestellt.

    6. Schacht Konrad

    Die zuständigen Behörden schließen das Planfeststellungsverfahren für den Schacht Konrad nach den gesetzlichen Bestimmungen ab. Der Antragsteller nimmt den Antrag auf sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zurück, um eine gerichtliche Überprüfung im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen.

    7. Kosten für Gorleben und Schacht Konrad

    Es besteht Einvernehmen, dass die Kosten für Gorleben und Schacht Konrad notwendigen Aufwand darstellen. Die EVU werden daher im Hinblick auf Gorleben und auf die von ihnen anteilig zu
    übernehmenden Kosten für Schacht Konrad keine Rückzahlung von Vorauszahlungen verlangen. Grundlage ist die vom Bund abgegebe-ne Zusage zur Sicherung des Standortes Gorleben während des Moratoriums (vgl. in Anlage 4 die Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes in Gorleben). Die Offenhaltungskosten werden von den EVU (bei Schacht Konrad anteilig) übernommen.

    Die EVU nehmen zur Kenntnis, dass sich die Bundesregierung um eine vergleichsweise Klärung von Entschädigungsansprüchen des Bundes gegen das Land Niedersachsen im Zusammenhang mit früheren aufsichtlichen Verfügungen bzw. der Nichterteilung von Zulassungen bemüht. Die EVU erklären, dass sie bezüglich der auf sie entfallenden Anteile keine Rückzahlungsansprüche gegen den Bund geltend machen werden.

    8. Entsorgungsvorsorgenachweis

    Der Entsorgungsvorsorgenachweis wird an die Inhalte dieser Vereinbarung angepasst.


    V. Novelle des Atomgesetzes

    1. Die EVU nehmen zur Kenntnis, dass die Bundesregierung die Einführung eines gesetzlichen Neubauverbots für KKW sowie einer gesetzlichen Verpflichtung zur Errichtung und Nutzung von
    standortnahen Zwischenlagern beabsichtigt.

    2. Die Bundesregierung wird auf der Grundlage dieser Eckpunkte einen Entwurf zur Novelle des AtG erarbeiten (siehe dazu die summarische Darstellung in Anlage 5). Die Beteiligten schließen diese Vereinbarung auf der Grundlage, dass das zu novellierende Atomgesetz einschließlich der Begründung die Inhalte dieser Vereinbarung umsetzt. Über die Umsetzung in der AtG-Novelle wird auf der Grundlage des Regierungsentwurfs vor der Kabinettbefassung zwischen den Verhandlungspartnern beraten.


    VI. Sicherung der Beschäftigung

    Für Bundesregierung und EVU hat die Sicherung der Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft einen hohen Stellenwert. Die mittelfristig angelegte Vorgehensweise und insbesondere die Möglichkeit zur flexiblen Handhabung der Laufzeiten sollen diesem Anliegen Rechnung tragen. Bundesregierung und EVU werden darüber sprechen, wie die Rahmenbedingungen für eine umweltverträgliche und im europäischen Markt wettbewerbsfähige Energieversorgung gestaltet werden können, um den Energiestandort Deutschland zu stärken. Im Ergebnis wollen die Beteiligten erreichen, dass mit Investitionen in Kraftwerke sowie Energiedienstleistungen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in möglichst großem Umfang in unserem Land gesichert werden.


    VII. Monitoring

     Um die Umsetzung der gemeinsamen Vereinbarungen zu begleiten, wird eine hochrangige Arbeitsgruppe berufen, die sich aus drei Vertretern der beteiligten Unternehmen und drei Vertretern der Bundesregierung zusammensetzt. Unter Vorsitz von ChefBK bewertet die Arbeitsgruppe in der Regel einmal im Jahr - ggf. unter Heranziehung externen Sachverstands - gemeinsam die Umsetzung der in dieser Vereinbarung enthaltenen Verabredungen.

    Die Vereinbarung wird paraphiert :

    Dr. Walter Hohlefelder, VEBA AG
    Staatssekretär Dr. Frank-Walter Steinmeier,  Chef des Bundeskanzleramtes
    Gerald Hennenhöfer, VIAG AG
    Dr. Gerd Jäger, RWE AG
    Staatssekretär Rainer Baake, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
    Dr. Klaus Kasper,  Energie Baden-Württemberg AG
    Staatssekretär Dr. Alfred Tacke,Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

    Berlin, den 14. Juni 2000


    Anlagen

    Reststrommengen (netto) für die einzelnen KKW

     
    KKW  Reststrommenge ab 01.01.2000 (TWh netto)
    Obrigheim
    8,70
    Stade
    23,18
    Biblis A
    62,00
    Neckarwestheim
    57,35
    Biblis B
    81,46
    Brunsbüttel
    47,67
    Isar 1
    78,35
    Unterweser
    117,98
    Philippsburg
    87,14
    Grafenrheinfeld
     150,03
    Krümmel
    158,22
    Gundremmingen B
    160,92
    Philippsburg 2
    198,61
    Grohnde
     200,90
    Gundremmingen C 
    168,35
    Brokdorf
    217,88
    Isar 2 
    231,21
    Emsland
    230,07
    Neckarwestheim
    236,04
    Mülheim-Kärlich
    107,25
    Gesamtsumme
    2.623,30

    Die Tabelle enthält die für die einzelnen KKW festgelegten Reststrommengen, die für jedes KKW wie folgt berechnet wurden:

    1. Tagesscharfe Berechnung der Restlaufzeit bei einer Regellaufzeit von 32 Kalenderjahren ab Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebes.
    2. Berechnung einer Referenzmenge als Durchschnitt der fünf höchsten Jahresproduktionsmengen zwischen 1990 und 1999 für jedes KKW (160,99 TWh/a für die KKW insgesamt).
    3. Zuschlag in Höhe von 5,5 % auf die Referenzmenge.
    4. Berechnung der Reststrommenge als Produkt aus Restlaufzeit und der um den Zuschlag erhöhten Referenzmenge.


    Erklärung des Bundesumweltministeriums gegenüber RWE zum weiteren Verfahren der Nachrüstung des Kernkraftwerkes Biblis Block A


    Die Hessische Aufsichtsbehörde hat am 27.03.1991 nachträgliche Auflagen zur sicherheitstechnischen Nachrüstung von Biblis A erlassen. Das Bundesumweltministerium bekräftigt seine Auffassung, dass für einen mehrjährigen Weiterbetrieb Nachrüstungen als auch ein qualifiziertes Notstandssystem sicherheitstechnisch notwendig sind.

    Das Bundesumweltministerium prüft derzeit, inwieweit ein sicherer Betrieb von Biblis A bis zur Realisierung bestimmter Nachrüstungen gewährleistet ist. Das Er-gebnis wird dem Betreiber bis spätestens Ende August mitgeteilt.

    Die Regelungen der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgern vom 14. Juni 2000 sehen vor, dass Biblis A ab dem 01.01.2000 bis zur Stilllegung maximal 62 TWh produzieren darf.

    Das Bundesumweltministerium wird bis spätestens Ende August 2000 gegenüber der hessischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren festlegen; dazu gehören eine Strukturierung der Verfahren und eine Definition der Bewertungsmaßstäbe.

    Unter der Voraussetzung einer Erklärung des Betreibers, auf eine Übertragung von Energiemengen auf Biblis A zu verzichten und der Betreiber die noch zu produzierende Energiemenge definitiv festlegt, wird binnen 3 Monaten über ein Nachrüstungsprogramm entschieden, das sowohl den sicheren Betrieb gewährleistet als auch in angemessenem Verhältnis zur Restnutzung steht. Die nachträglichen Auflagen werden in diesem Fall angepasst. Das Bundesumweltministerium wird umgehend die notwendigen Gespräche einleiten.
    Anlage 5


    Übersicht über die Sicherheitsüberprüfungen in den KKW

     
    KKW (Jahr der Inbetriebnahme)  Sicherheits-Status-Analyse (SSA)  Probabilistische Sicherheits-Analyse (PSA)  Nächste PSÜ
    Obrigheim (1968) 97 98 entfällt, da 1998 durchgeführt
    Stade (1972) 8/97 3/97 31.12.2000
    Biblis A (1974) 2/91 2/91 31.12.2001
    Biblis B (1976) - 8/89 31.12.2000
    Neckarwestheim 1 (1976) 12/98 12/94 31.12.2007
    Brunsbüttel (1976) - 3/97 30.06.2001
    Isar 1 (1977) 10/94 10/92 31.12.2004
    Unterweser (1978) 6/90 8/95 31.12.2001
    Philippsburg 1 (1979) 8/95 5/98 31.08.2005
    Grafenrheinfeld (1981)  10/98 4/96 31.10.2008
    Krümmel (1983) 6/98 12/97 30.06.2008
    Gundremmingen B/C (1984) 12/97 6/93 31.12.2007
    Grohnde (1984) - 8/98 31.12.2000
    Philippsburg 2 (1984)  10/98 6/98 31.10.2008
    Brokdorf (1986)  10/96 6/96 31.10.2006
    Isar 2 (1998) 9/99 6/99 31.12.2009
    /Emsland (1988) 12/98 4/98 31.12.2009
    Neckarwestheim 2 (1988) 12/98 7/98 31.12.2009


    Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes in Gorleben

    Gemäß § 9 a Abs. 3 des Atomgesetzes hat der Bund die gesetzliche Aufgabe, Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Stoffe einzurichten. Die Bundesregierung bekennt sich zu dieser Aufgabe und erklärt, dass sie die erforderlichen Maßnah-men ergreift, um unbeschadet des Ausstiegs aus der Kernenergie die benötigten Endlagerkapazitäten für radioaktive Abfälle rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.

    Als potenzielle Wirtsgesteine für Endlager kommen sowohl Salz als auch andere Gesteinsformationen wie Granit und Ton in Betracht. 1979 wurde entschieden, für eine mögliche Endlagerung den Salzstock Gorleben zu erkunden. Die dabei bis-her gewonnenen geologischen Erkenntnisse stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:

    Die Ausdehnung des für die Einlagerung von hochradioaktiven Abfällen vorgesehenen Älteren Steinsalzes hat sich im Rahmen der Erkundung des Erkundungsbereich 1 (EB 1) als größer erwiesen, als ursprünglich angenommen. Der EB 1 reicht allerdings für die prognostizierte Abfallmenge nicht aus.

    Die analytisch bestimmten Hebungsraten des Salzstockes lassen erwarten, dass im Hinblick auf mögliche Hebungen auch in sehr langen Zeithorizonten (größenordnungsmäßig 1 Mio. Jahre) nicht mit hierdurch verursachten Gefährdungen zu rechnen ist. Es wurden keine nennenswerten Lösungs-, Gas- und Kondensateinschlüsse im Älteren Steinsalz gefunden. Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstockes Gorleben zwar nicht entgegen.

    Allerdings sieht die Bundesregierung im Zusammenhang mit der laufenden inter-nationalen Diskussion die Notwendigkeit, die Eignungskriterien für ein Endlager fortzuentwickeln und die Konzeption für die Endlagerung radioaktiver Abfälle zu überarbeiten. Der Stand von Wissenschaft und Technik und die allgemeine Risi-kobewertung haben sich in den letzten Jahren erheblich weiter entwickelt; dies hat Konsequenzen hinsichtlich der weiteren Erkundung des Salzstockes in Gorleben.

    Vor allem folgende Fragestellungen begründen Zweifel:

    Eine weitere Erkundung des Salzstockes Gorleben kann zur Klärung der genannten Fragen nichts beitragen. Deshalb wird die Erkundung des Salzstockes in Gorleben für mindestens 3 Jahre, längstens jedoch für 10 Jahre unterbrochen; es erfolgt eine zügige Klärung der o.g. Fragen.

    Das Moratorium bedeutet keine Aufgabe von Gorleben als Standort für ein Endlager. Vielmehr geht es darum, während der Prüfung der konzeptionellen und sicherheitstechnischen Fragen keine Investitionen zu tätigen, die nicht zur Klärung dieser Fragen beitragen können.

    Der Bund ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um während des Moratoriums den Standort Gorleben zu sichern. Dazu gehören die notwendigen rechtlichen Schritte, um die Position des Bundes als Antragsteller zu sichern und das Vorhaben gegen Eingriffe Dritter zu schützen. Der Bund wird die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit die beantragte 10jährige Verlängerung des Rahmenbetriebsplans für das Erkundungsbergwerk erteilt wird. Der Bund wird die Planung durch eine atomrechtliche Veränderungssperre (Rechtsverordnung nach § 9 g AtG) sichern.


    Summarische Darstellung einer Novelle des Atomgesetzes


    1. Grundlegende Neuregelungen

    1.1. Gesetzeszweck:

    1.2. Verbot von Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von neuen Kernkraftwerken

    1.3. Forschung auf dem Gebiet der Kerntechnik, insbesondere der Sicher-heit, bleibt frei

    2. Befristung der bestehenden Betriebserlaubnisse

     2.1. Erlöschen des Rechts zum Leistungsbetrieb des jeweiligen KKW, wenn die im Anhang zum Gesetz vorgesehene bzw. durch Übertragung geänderte Strommenge für das jeweilige KKW erreicht ist.

     2.2. Laufzeitberechnung

    2.3. Meldepflicht für jedes EVU bzgl. der monatlich erzeugten Strommenge

    2.4. Zuständige Behörde für Entgegennahme der Meldungen: BfS

    3. Sicherheitsanforderungen

    3.1. Beibehaltung des derzeitigen gesetzlichen Sicherheitsstandards

    3.2. Gesetzliche Normierung der Pflicht zur periodischen
     Sicherheitsüberprüfung

    4. Entsorgung

    4.1. Pflicht zur Errichtung und Nutzung von Zwischenlagern bei den KKW

    4.2. gesetzliche Regelung für Zwischenlösungen

     4.3. ab 01.07.2005:

    4.4. Beibehaltung der durch die AtG-Novelle 1998 eingeführten  „Veränderungssperre“ zur Sicherung des Standortes Gorleben während  des Moratoriums (im § 9 g)

    4.5. Anpassung des Entsorgungsvorsorgenachweises an die Inhalte der Vereinbarung

    5. Aufhebung der Atomgesetznovelle vom April 1998

     Die AtG-Novelle vom 6. April 1998 wird aufgehoben, ausgenommen:

    6. Erhöhung der Deckungsvorsorge

    Anmerkungen zur summarischen Darstellung einer Novelle des AtG

    1. Zu Ziff. 4.1.
    Von dieser Verpflichtung wird abgesehen, wenn eine Stillegung der Anlage vorgesehen und zum Zeitpunkt der Stilllegung bei Beachtung der Vereinbarung zu IV. Entsorgung kein Bedarf für eine standortnahe Zwischenlagerung gegeben ist.

    2. Zu Ziff. 4.2.
    Die Beteiligten waren sich über die Notwendigkeit und den Inhalt der Regelungen im Grundsatz einig.

    3. Zu Ziff. 4.5.
    Gemeinsames Verständnis ist, dass der Entsorgungsvorsorgenachweis auf Basis der Zwischenlagerung geführt werden soll.

    4. Zu Ziff. 5.
    Durch die Aufhebung des § 7 Abs. 2 Satz 2 wird nur die von der Vorgängerregierung beabsichtigte Klarstellungsfunktion aufgehoben.



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