1937 haben wir unseren Pfarrer, der uns konfirmiert hat (Sup. Badenhop, Dreifaltigkeitskirche, Hannover) gefragt, ob Stalin auch Obrigkeit sei - angesichts der in der Nazi-Presse groß herausgestellten Stalinischen Säuberungsprozesse! Er hat uns die pflichtgemäße Antwort nach der damaligen lutherischen Lehre gegeben, daß auch Stalin Obrigkeit sei. Dann war es Hitler natürlich erst recht! - Für diese Obrigkeitslehre sind beide offiziellen Kirchen nie in die Buße gegangen.
Erst nach dem Kriege wurde mir klar, daß ich meine Knochen für ein Verbrechen und einen Verbrecher hergegeben hatte! Wissen unsere Soldaten in Afghanistan ganz genau, wofür sie ihr Leben einsetzen? - Werden sie dies auch noch nach 60 Jahren wissen?
Ich bin im Vergleich zu anderen Kriegsversehrten sehr gut weggekommen.
Wer fragt heute noch nach den Opfern in der Zivilbevölkerung in Bagdad, in Belgrad oder im Kosovo? Das waren ja nur „Kollateralschäden!"
Politiker, die sich für kriegerische Aktionen entscheiden, klammem bewußt oder unbewußt aus, welchen Schaden sie anrichten.
Da nutzen auch keine nachträglichen
Totenehrungen. Wir müssen diesen eisernen Ring der Verdrängung
sprengen.
Ich schließe mit den Versen aus
einem Gedicht von Ingeborg Bachmann:
Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden. Der Held
bleibt den Kämpfen fern. Der Schwache
ist in die Feuerzonen gerückt.
Die Uniform des Tages ist die Geduld,
die Auszeichnung der armselige Stern
der Hoffnung über dem Herzen.
Er wird verliehen
für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
und für den Verrat unwürdiger
Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls
(Ingeborg Bachmann, Ges. Werke, Bd. l,
19843, zit. nach: die gestundete zeit, 1953, S. 26)
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